Finanzierung des Baus Ein digitales Stück vom Kölner Dom
Der Kölner Dom geht neue Wege, um Geld für die teure Restaurierung zu sammeln. Bilder vom Westportal werden als digitale Kunstwerke verkauft, sogenannte NFTs.
Laut surrend schwebt die Drohne vor dem Westportal des Kölner Doms. Pilot Adrian Bocirnea ist hochkonzentriert, wenn er seine Bilder macht. "Am Anfang war es schwierig, weil ich Respekt vor dem Gebäude hatte", erzählt er. "Dahinter steht so viel Geschichte, aber mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt." Und er muss aufpassen, denn um den Dom herum pfeift der Wind. "Das ist eine große Herausforderung", sagt Bocirnea. Die Drohne steuere er nur mit den Fingerspitzen. "Das darf nicht zittern."
Digitale Besitzurkunde
Denn seine Bilder sind Teil eines detaillierten digitalen Projekts, des "Dome Cologne NFT". Dafür wird ein Teil des Westportals des Doms fotografiert, und die Bilder werden dann in einzelne digitale Kunstwerke aufgeteilt: der erste Abschnitt in mehr als 3000 Stücke, als sogenannte NFT ("Non-fungible Token"). Jedes Stück kann gekauft werden, belegt mit einer digitalen Besitzurkunde. Die wird in einer Blockchain, einer Art Online-Datenbank, gespeichert.
"Wenn man es herunterbricht, dann ist ein NFT ein digitaler Vertrag. Der Beweis, das jemandem ein digitales Objekt gehört", erklärt Autorin und Kuratorin Anika Meier. "Den Eintrag auf einer Blockchain kann man nicht mehr löschen." Ein NFT kann gesammelt, aber auch weiterverkauft werden. "Man kann ein NFT auch als Investment sehen, mit dem durch Handel höhere Gewinne erzielt werden können." Ein Markt für NFTs sei mittlerweile vorhanden, es gebe mehr Aufmerksamkeit. "Bedingt durch die Pandemie waren Museen und Galerien geschlossen, dadurch ist online mehr digitale Kunst und Netzkunst gezeigt worden", so die Kuratorin.
Neue Art, Gelder zu sammeln
Ein Stück Dom als digitaler Vermögenswert: Für den Zentral-Dombau-Verein ist es das Experiment, auf eine neue, technologiebetonte Art, Gelder zu sammeln. "Das ist gut, weil sich diese digitale Form wahrscheinlich auch sehr an junge Menschen, an jüngere Generationen wendet", sagt Rüdiger Fuchs, "Secretär" des Vereins. "Ich glaube, es ist wichtig, dass jetzt auch die jüngere Generation in die Finanzierung und in die Bauerhaltung des Doms einbezogen wird."
Aus realen Objekten digitale Kunstwerke erstellen, die gehandelt werden können - im Kunstmarkt ein Trend. Solche Spendenprojekte wie beim Dom habe es schon häufiger gegeben, sagt Kuratorin Meier. "Das Projekt kann funktionieren. Die Frage ist, wie eng die Verbindung der Menschen zum Kölner Dom ist." Saskia Draxler von der Galerie Nagel Draxler ergänzt, bei solchen Auktionen gebe es in der Regel keinen totalen Ausverkauf, daher gebe es auch keine Wertsteigerung. "Es entwickelt sich kein Hype. Im Zentrum steht wirklich das Fundraising. Der Betrag, der einmal fließt."
Restaurierung kostet Millionen
Denn die Restaurierung des Doms kostet mehrere Millionen Euro im Jahr. Mehr als 60 Prozent davon finanziert der Zentral-Dombau-Verein über Mitgliedsbeiträge, Spenden und Patenschaften. Schon 1842 wurde er als Bürgerinitiative gegründet und beendete den mehr als 600 Jahre andauern Bau des Doms, indem er Gelder für dessen Fertigstellung sammelte. Eines der Vereinsmitglieder, Sulpiz Boisserée, ließ damals großformatige Kupferstiche anfertigen, um für den Dom zu werben; die Idee der NFTs schließe daran an, so Fuchs.
Das ist im Prinzip die digitale Form des Kupferstiches. Auch Boisserée hat es so gemacht. Ich glaube, das ist etwas ganz Wichtiges, dass die Menschen etwas mit nach Hause nehmen und sagen können: Wir sind Teil dieser Gemeinschaft, die den Dom erhalten möchte - auch wenn es eine digitale Wertmarke ist.
Drei Viertel der Erlöse des NFT-Projekts sollen an den Zentral-Dombau-Verein fließen. Der hofft, auch Touristen so für die Instandhaltung gewinnen zu können. Mit über sechs Millionen Besuchern im Jahr gilt der Dom laut NRW Tourismus als beliebteste Sehenswürdigkeit Deutschlands.
Und auch die Kölner selbst wollten sie erreichen, sagt Fuchs. Denn der Dom gehört nicht der Stadt und nicht der Kirche, er gehöre sich selbst und damit den Bürgern Kölns. Die sähen ihn zwar als Heimat, aber: "Unser Altpräsident hat mal gesagt, dem Kölner geht immer das Herz auf, wenn er den Dom sieht, aber nicht unbedingt das Portemonnaie." Rüdiger Fuchs hofft, dass das neue Projekt daran ein wenig ändert.