Zypern-Rettung als Modell - oder nicht Das Hin und Her des Eurogruppenchefs
Erst hat Eurogruppenchef Dijsselbloem erklärt, die Beteiligung von Anlegern und Bank-Aktionären an der Zypern-Rettung stehe Modell für künftige Krisen. Dann korrigierte er sich. Zypern sei ein Einzelfall und tauge nicht als Blaupause. Doch der Streit über die Vorbildfunktion des Rettungsplans ist entbrannt.
Der mögliche Modellcharakter des zyprischen Rettungspakets für weitere Krisenstaaten in Europa sorgt für Streit unter den europäischen Institutionen. Auslöser waren Aussagen von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der deswegen in die Kritik geriet und teilweise zurückruderte.
Im Kern geht es um die Frage, ob in künftigen Krisenfällen grundsätzlich Aktionäre, Gläubiger und große Anleger für die Sanierung der Banken und die Rettung vor einer Staatspleite mitzahlen sollen. Aus Angst vor solchen Szenarien könnten Investoren ihr Geld aus Krisenstaaten abziehen und damit einen Zusammenbruch des jeweiligen Finanzsystems provozieren.
Zypern als Modell - oder doch nicht?
Dijsselbloem schürte die Sorge der Anleger zunächst mit einem Interview, das er der Nachrichtenagentur Reuters und der "Financial Times" gab. Darin erklärte er, der Fall Zypern stehe für den Umgang mit drohenden Bankpleiten in der Zukunft Modell. Später relativierte er diese Aussage jedoch in einer knappen Presseerklärung. Darin bezeichnete er Zypern als einen "spezifischen Fall mit außergewöhnlichen Herausforderungen". Er betonte zudem: "Makroökonomische Anpassungsprogramme sind auf die Situation im jeweils betroffenen Land zugeschnitten, und es werden keine Modelle oder Vorlagen benutzt".
In einem Interview mit der Tageszeitung "De Volkskrant" legte er dann jedoch nach und bezeichnete den Rettungsplan für Zypern als Wendepunkt im Umgang mit der Finanzkrise. "Diese Wende der Politik ist unausweichlich", sagte er. Kosten und Risiken der Finanzkrise würden nicht länger dem Staat, sondern dem Verursacher auferlegt. Die Rettungsplan für Zypern sei allerdings keine "Blaupause" für andere Länder. Die "Financial Times" habe ihn in diesem Punkt falsch zitiert, sagte der Minister im niederländischen Fernsehen.
EZB widerspricht Dijsselbloem
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte stets erklärt, dass er Zypern für einen besonderen Einzelfall halte. Benoit Coeure, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank, betonte ebenfalls, dass die Beteiligung von Gläubigern und Eigentümern an der Rettung der zyprischen Banken ein Einzelfall und keine Blaupause für künftige Krisen sei.
"Ich denke, Herr Dijsselbloem hat da etwas Falsches gesagt", sagte Coeure dem Radiosender "Europe 1". Die Lage in Zypern sei nicht mit anderen Ländern vergleichbar. "Die Erfahrung in Zypern ist kein Modell für den Rest Europas, weil die Situation schon solch eine Stufe erreicht hatte, die mit keinem anderen Land verglichen werden kann."
Auch EU-Kommission sieht Zypern nicht als Modellfall
Auch die EU-Kommission sieht die Rettung Zyperns nicht als Modell für die Zukunft. "Der Fall Zypern ist einzigartig, und zwar aus vielerlei Gründen", sagte die Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. "Das heißt nicht, dass es ein perfektes Modell ist, das man so, wie es ist, in Zukunft wieder nutzen sollte." Allerdings sei es wünschenswert, dass Steuerzahler für Fehler der Banken nicht mehr zahlen müssten. Diese Grundidee unterstützte auch der finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen. "Ganz Europa sollte zu einer normalen Marktwirtschaft werden, wobei sowohl Eigentümer als auch Investoren im Falle einer Bankenpleite Verluste hinnehmen müssen", sagte er.
Der Sprecher der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Udo Bullmann, wertete Dijsselbloems Aussage zwar mit Blick auf die notwendige Beruhigung der Märkte als ungeschickt. "Aber im Prinzip hat er natürlich recht, wenn er künftig erst die privaten Investoren und nicht die Steuerzahler zur Kasse bitten will", sagte der SPD-Politiker.
An den Finanzmärkten hatten Dijsselbloems Aussagen gestern für große Verunsicherung gesorgt. Die Folgen waren Kursverluste an den Börsen. Auch die Gemeinschaftswährung Euro war unter Druck geraten.