Draghis Vermächtnis "Niemals aufgeben"
Das war's. Nach seiner letzten EZB-Ratssitzung endet Mario Draghis Amtsszeit als EZB-Präsident. Worauf er und sein Team besonders stolz sind? "Das ist Teil unseres Vermächtnisses: niemals aufgeben."
So viel Andrang gibt es selten bei der Europäischen Zentralbank. Vor den Sicherheitskontrollen stehen Journalisten aus aller Welt Schlange. Sie wollen dabei sein, wenn EZB-Chef Mario Draghi zum letzten Mal vor die Presse tritt und die geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rats verkündet. Zum Abschied hoffen sie auf letzte, persönliche Worte.
"Sehr positive Erfahrungen gesammelt"
Er sei erfreut, sehr erfreut, alle zur Pressekonferenz begrüßen zu dürfen, sagt ein sichtlich gut gelaunter Mario Draghi nur, um dann sofort wieder in das gewohnte Kauderwelsch zu verfallen, das man in den EZB-Türmen schon so oft gehört hat. Immerhin zieht Draghi nach acht Jahren im Amt ein Fazit, und er persönlich ist völlig überzeugt: Die unter ihm eingeleiteten Maßnahmen haben ihre Wirkung nicht verfehlt. "Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gesammelt, das hat die Wirtschaft angeregt und Arbeitsplätze geschaffen. Wir sind damit auf dem richtigen Weg."
Acht Jahre lang leitete Mario Draghi die Europäische Zentralbank.
Zinsen bleiben im Keller
Bei seiner letzten Sitzung hatte Draghi noch einmal tief in den Instrumentenkasten gegriffen. Er hatte eine weitere Zinssenkung angekündigt und erneut gewaltige Anleihekäufe. Diese Maßnahmen verteidigt Draghi jetzt zum Abschluss. Sie sind aus seiner Sicht absolut notwendig gewesen, um die schwächelnde Wirtschaft in der Eurozone zu stützen und das berühmt-berüchtigte Inflationsziel von nahe zwei Prozent zu erreichen.
Doch gerade die Anleihekäufe sind umstritten. Es gibt immer mehr Kritik, sogar aus den eigenen Reihen. Von Draghi gibt es dazu nicht mehr als ein Schulterzucken: "Überall gibt es solche Diskussionen, manchmal dringen die unterschiedlichen Meinungen an die Öffentlichkeit, manchmal nicht. Das ist nicht zum ersten Mal so gelaufen, das gehört einfach zu geldpolitischen Diskussionen dazu."
"Mitten im Sturm Stärke bewiesen"
Die Person Mario Draghi polarisiert schon länger. Kritiker sagen, die EZB sei unter ihm zu weit gegangen. Die EZB sei bereit, alles zu tun, um den Euro zu erhalten, sagte Draghi vor sieben Jahren während der Euroschuldenkrise. Damit konnte er die europäische Währung wirklich erhalten, lobt ihn der Frankfurter Finanzprofessor Jan-Pieter-Krahnen: "In diesen Zeiten hat er wirklich Stärke und Charakter bewiesen, als eine Person mitten im Sturm zu sagen: 'Ich weiß, wohin wir gehen.' Und mit dieser Nachdrücklichkeit zweifelnde Kapitalmärkte zu beruhigen, ist eine Großtat, die nicht jeder hätte vollbringen können."
Trotzdem findet auch Krahnen: Ein weiter wie bisher geht nicht, in der EZB muss ein neuer Wind wehen: "Ich wünsche mir von seiner Nachfolgerin Christine Lagarde, dass sie die Geldpolitik der EZB auch besser begründet und sie noch einmal auf eine wissenschaftliche Probe stellt, die auch in der Öffentlichkeit nachvollziehbar ist, und auf dieser Basis ihre Politik definiert." Lagarde war bei der Diskussion des EZB-Rats zwar bereits dabei, mit abstimmen durfte sie aber noch nicht. Das geht erst, wenn sie nächsten Freitag Draghi an der Spitze der EZB ablöst.
Lob für Isabel Schnabel
Positiv äußerte sich Draghi zur Nominierung der deutschen Wirtschaftsweisen Isabel Schnabel für das Direktorium der EZB. "Isabel ist eine ausgezeichnete Ökonomin. Sie wird es gut machen." Schnabel habe das Zeug dazu, die Diskussion innerhalb und außerhalb der EZB zu bereichern. "Wir sollten ihre Nominierung wärmstens begrüßen."