Mehr als 40 Gigawatt Neuer Solar-Rekord in Deutschland
Das derzeitige Sommerwetter treibt die Stromerzeugung mit Photovoltaik kräftig an. Am Wochenende wurde in Deutschland in der Spitze so viel Solarstrom ins Netz eingespeist wie nie zuvor.
Am Sonntag gegen 13 Uhr war es so weit: Erstmals wurde in Deutschland Solarstrom mit einer Leistung mehr als 40 Gigawatt ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Damit wurden fast 80 Prozent des zu diesem Zeitpunkt in Deutschland verbrauchten Stroms mit Hilfe von Photovoltaik erzeugt. Das geht aus den Daten der Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hervor.
Strom ist längst nicht alles
Trotz dieser Entwicklung bleibt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland aber noch sehr viel zu tun. Im vergangenen zwölf Monaten lag der Anteil der umweltfreundlichen Energiequellen im Schnitt zwar bei knapp der Hälfte am gesamten Stromverbrauch.
Doch die derzeit in Deutschland verbrauchte Energie umfasst deutlich mehr als Strom. Im vergangenen Jahr deckten Erneuerbare Energien nur knapp ein Sechstel der in Deutschland verbrauchten sogenannten Primärenergie. Diese umfasst die Energiemenge, die von Energieträgern wie Erdöl, Erdgas, Braunkohle, Steinkohle, Sonne, Wind, Wasserkraft oder Kernbrennstoffen stammt.
Die Bedeutung des Solarstroms ist also immer noch vergleichsweise gering - trotz des neuen Spitzenwerts. Im vergangenen Jahr wurde erst knapp neun Prozent des in Deutschland produzierten Stroms mit Hilfe von Photovoltaik produziert. Fast ein Drittel der verbrauchten Primärenergie stammte hingegen aus Mineralöl.
Mehr Strom benötigt
Zudem erwarten Experten weitere Steigerungen des Stromverbrauchs in Deutschland für die kommenden Jahre - auch wegen der steigenden Verbreitung von Elektroautos. Im Gebäudebereich spielen Wärmepumpen dabei eine Rolle.
Dennoch gibt eine neue Studie Grund zur Hoffnung: Nach Einschätzung des Kreditversicherers Allianz Trade (früher Euler Hermes) kann die Energiewende sogar weitaus erfolgreicher gelingen als bislang erwartet. "Mittelfristig dürften die ehrgeizigen Ziele Deutschlands den Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix sogar über das Maß hinaus steigern, das für die Erfüllung der Pariser Klimaziele bis 2035 erforderlich wäre", sagte der Allianz-Trade-Chef für den deutschsprachigen Raum, Milo Bogaerts.
Voraussetzung dafür sei allerdings ein kräftiger Umbau von Abläufen in zentralen Bereichen des Stromsystems. "Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-, Strom- und Wasserstoffnetze müssen konsequent vereinfacht und beschleunigt werden", sagte der Allianz-Energieexperte Markus Zimmer. Darüber hinaus müsse der Ausbau der Strom-, Gas- und Wasserstoffnetze besser koordiniert werden.
Viele neue Arbeitsplätze in Sicht
Allein der Ausbau der Stromerzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien erfordere bis 2035 Investitionen in Höhe von durchschnittlich 28 Milliarden Euro pro Jahr. Diese führten direkt und indirekt zu jährlich 40 Milliarden Euro zusätzlicher Wertschöpfung, was aktuell mehr als einem Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes entspräche. "Zudem wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien von 2022 bis 2035 insgesamt durchschnittlich 440.000 Arbeitskräfte in Deutschland beschäftigen", so die Ökonomen des Kreditversicherers.
Dass ein kurzfristig höherer Kohleeinsatz bei der Stromproduktion mit entsprechendem Anfall des klimaschädlichen Gases CO2 nicht die Klimaziele gefährdet, erklärt Allianz Trade mit der Funktionsweise des EU-Emissionshandelssystems. In dessen Rahmen führe ein zusätzlicher Kohleeinsatz zu einer Steigerung der Preise für CO2-Emissionen. "Das bedingt wiederum weniger CO2-Emissionen in anderen Branchen", so Zimmer. "In Anbetracht der hohen EU-Emissionshandelspreise ist es zudem sehr unwahrscheinlich, dass Kohle langfristig als Ersatz für russisches Gas dienen wird."