Versorger könnten Brüsseler Plänen zuvorkommen Energiekonzerne verlieren Lust an ihren Stromnetzen
Mit aller Macht will die EU für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt sorgen und die Energieversorger zwingen, ihre Netze zu verkaufen. Nun könnten die Konzerne den Brüsseler Plänen zuvorkommen und sich von ihren Netzen trennen. Damit würden sie aber der Regierung in den Rücken fallen.
Mitten im Streit um eine Zwangsabtrennung der Netze von den Energieversorgern will E.ON sein Stromnetz freiwillig verkaufen. Vorstandschef Wulf Bernotat habe dies im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel signalisiert, sagte ein Regierungssprecher. Gespräche zum Verkauf der Fernleitungen liefen, habe Bernotat angedeutet. Deutschlands größter Versorger habe dafür betriebswirtschaftliche Gründe angeführt.
Auch das ostdeutsche Unternehmen Vattenfall Europe erwägt eine Trennung von seinem Hochspannungsnetz: "Wir prüfen alle Optionen", sagte ein Sprecher. Die anderen beiden großen Versorger, RWE und EnBW, wollen dagegen am Übertragungsnetz festhalten. E.ON selbst äußerte sich zu seinen Plänen zunächst nicht.
Stromerzeugung ohne Netz "eine dumme Sache"
Die Pläne von E.ON dürften allerdings in der Regierung für wenig Freude sorgen. Denn die Bundesregierung wehrt sich seit Monaten gegen eine von der EU-Kommission verfolgte Zwangstrennung von den Netzen. Die Kommission will damit den Wettbewerb auf dem Energiemarkt beleben. Dies würde auch zu sinkenden Preisen führen.
Deutschland, Frankreich und weitere Staaten plädieren zwar auch für eine stärkere Unabhängigkeit der Netztöchter, dies aber unter dem Dach der Konzerne. Merkel sagte anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Bundesnetzagentur in Bonn: "Zwangsverkäufe der Netze sind keine Lösung." Stromerzeugung ohne Netz sei "eine dumme Sache". Zudem gebe es die Notwendigkeit und auch die im erneuerbare Energiengesetz verankerte Verpflichtung zum Netzausbau.
In Brüssel beraten heute die Energieminister der EU über die Pläne der Kommission zur Zerschlagung der Energiekonzerne.
Netze werden zur Belastung
Die Versorger stehen seit längerem in Deutschland unter großem Druck: Zum einen gilt ihr Monopol bei den Netzen als Hindernis für mehr Wettbewerb, weil Konkurrenten ihren Strom durch diese Leitungen schicken müssen. Die Bundesnetzagentur hatte die von den Konzern verlangten Gebühren für diese Durchleitung wiederholt gekürzt. Zudem hatte die EU-Kommission Unternehmenszentralen wegen des Verdachts der Behinderung des Wettbewerbs durchsuchen lassen und Unterlagen sichergestellt. E.ON könnte mit einem freiwilligen Verzicht auf das Netz auch diesen Zwist entschärfen.
In Kreisen der Branche waren zudem immer wieder Stimmen laut geworden, dass die Netze nicht mehr die gewünschten Renditen brächten und daher zur Belastung würden. Besonders E.ON mit seinen internationalen Investoren stehe daher unter Druck, hieß es.