Energiekonzern gibt Stromnetz ab E.ON lässt Regierung im Regen stehen
Der Stromkonzern E.ON trennt sich freiwillig von seinem Netz. Damit kam das Unternehmen der EU-Kommission zuvor, die für mehr Wettbewerb sorgen und die Energieversorger zu einem solchen Schritt zwingen wollte - gegen den Widerstand der Bundesregierung. Die wiederum steht mit ihrer Position nun ziemlich allein da.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Es ist ein erster, wichtiger Etappensieg für Brüssel auf dem langen Weg zu mehr Wettbewerb im europäischen Energiesektor. Dass E.ON nun den Verkauf seines Stromnetzes angekündigt hat, hängt nicht zuletzt - wenn auch sicherlich nicht alleine - mit dem Druck der EU-Wettbewerbshüter zusammen.
Ein Feldzug der EU-Kommission
Die führen seit gut zwei Jahren einen regelrechten Feldzug gegen die deutschen Energieriesen - E.ON hat es dabei besonders schwer getroffen: mehrfach Razzien bis in die Vorstandsetagen, Androhung von Millionenstrafen bis hin zu Zerschlagungsdrohungen - die Kartellwächter in der EU sind nicht zimperlich im Umgang. Das dürfte auch den Herren über die Stromkonzerne irgendwann klar geworden sein.
Vor zwei Jahren noch hatte die Branche die Niederländerin Neelie Kroes belächelt. Der EU-Wettbewerbskommissarin traute kaum jemand zu, dass sie ernst machen könnte mit ihrer Drohung, nicht nur Strafgelder zu verhängen, sondern zu tiefgreifenderen Maßnahmen zu greifen: "Wir können die Konzerne auch zu weitreichenden strukturellen Veränderungen zwingen", sagte sie im Jahr 2006 - niemand ahnte damals, was genau das bedeuten würde.
Das Schwert der Kommission ist scharf
Genau diese strukturellen Veränderungen will E.ON nun mit dem Verkauf der Hochspannungsleitungen einleiten - im Gegenzug prüft die Brüsseler Wettbewerbsbehörde nun eine Einstellung des Kartellverfahrens. An einen Deal in ähnlicher Größenordnung kann sich in Brüssel niemand erinnern - ein Beweis dafür, wie scharf das Schwert des Brüsseler Wettbewerbsrechts noch immer ist.
Die Kommission dürfte sich nun bestätigt fühlen, den richtigen Kurs eingeschlagen zu haben. Zum einen, weil sie auf der politischen Ebene über die Trennung von Energieherstellung und Vertrieb einen Beschluss herbeiführen konnte. Bis dieser allerdings umgesetzt ist, wird es lange dauern. Zum anderen, indem die Kommission im Einzelfall kartellrechtlich gegen die Strom- und Gasversorger vorgeht - wie im Fall E.ON geschehen.
Die Bundesregierung steht im Abseits
Ziemlich schlecht sieht dabei die Bundesregierung aus: Sie hat erst vor wenigen Wochen ein Papier in Umlauf gebracht, in dem sie sich für den Verbleib der Netze unter dem Dach der großen Versorger einsetzt. Zwar will Berlin sich mehr Wettbewerb in der Branche nicht verschließen, gleichzeitig aber auch die im europäischen Vergleich starken deutschen Energiekonzerne durch Zwangsverkäufe ihrer Netze nicht schwächen. Dass diese Position nun gerade vom größten deutschen Versorger E.ON in Frage gestellt wird, indem E.ON das eigene Leitungsnetz verkauft, spricht Bände. Dass sich die Bundesregierung in Brüssel durchsetzen kann, glauben offenbar auch die Konzernlenker nicht mehr.