Schlechtere Bezahlung von Frauen "Das können wir uns nicht mehr leisten"
Auch im Jahr 2023 werden Frauen in Deutschland noch schlechter bezahlt als Männer. Laut einer Umfrage haben sie im Schnitt monatlich 400 Euro weniger zur Verfügung. Das hat letztlich Folgen für alle und kann nach Ansicht vieler Politiker so nicht weitergehen.
Heute ist der sogenannte Equal Pay Day - der Tag des Jahres, bis zu dem Frauen seit Jahresbeginn rechnerisch im Durchschnitt ohne Bezahlung arbeiten mussten und sie von jetzt an bis zum Jahresende gleich viel verdienen würden wie ihre männlichen Kollegen. Es geht um die symbolische Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 hatte der Equal Pay Day noch am 20. März gelegen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dringt aufgrund dieser Tatsache auf mehr gerechte Bezahlung von Männern und Frauen. "Der Lohnunterschied bei Männern und Frauen liegt nach wie vor bei 18 Prozent", sagte der SPD-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF und berief sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes.
Elf Prozent gingen demnach unter anderem auf die Berufswahl zurück. "Das heißt, es gibt in sogenannten klassischen Frauenberufen eine schlechtere Bezahlung", stellte Heil fest. Eine Rolle spiele auch das unterschiedliche Arbeitsvolumen: Männer arbeiteten eher in Vollzeit, Frauen in Teilzeit. "Die anderen sieben Prozent gehen tatsächlich auf Lohndiskriminierung zurück", so Heil weiter.
Tarifbindung und Transparenz bei Löhnen
Es gehe jetzt vor allem darum, dass mehr Tarifbindung geschaffen werde. "Da wo es einen Tarifvertrag gibt, sind die Löhne in der Regel besser", sagte Heil. Wichtig sei außerdem mehr Transparenz bei den Löhnen, um Lohndiskriminierung zu vermeiden. "Es gibt prominente Beispiele im Schauspiel, wo Schauspieler mehr verdienen als Schauspielerinnen", sagte Heil. "Das können wir uns im 21. Jahrhundert nicht mehr leisten."
Das in der vergangenen Legislaturperiode geschaffene Entgelttransparenzgesetz sei wichtig. Er ermöglicht Beschäftigten beispielsweise, Auskunft über die Bezahlung von Kolleginnen und Kollegen in vergleicharen Positionen zu verlangen. Allerdings gilt dieses Gesetz nur für Unternehmen ab 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das soll künftig anders werden. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) werde dazu Vorschläge vorlegen.
Außerdem kündigte Heil an, dass Klagen gegen Lohndiskriminierung erleichtert werden sollen. Gewerkschaften und Organisationen sollen für Einzelpersonen klagen können, weil "man allein oft zu schwach ist, um sein oder ihr Recht durchzusetzen".
Männer können mehr ausgeben als Frauen
Die Lohnunterschiede führen auch dazu, dass Frauen insgesamt weniger Geld zur Verfügung steht. Im Schnitt sind es 400 Euro monatlich, wie eine repräsentative Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken ergab. Frauen können demnach im Schnitt monatlich 1000 Euro ausgeben, Männer hingegen 1400 Euro, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf die Umfrage meldeten.
"Ohne finanzielle Unabhängigkeit gibt es keine Freiheit. Denn ohne eigenes Geld fehlt der Spielraum, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen", sagte Henriette Peucker, Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers beim Bankenverband, den Funke-Zeitungen. "Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse unserer Studie besonders ernüchternd."
Laut Bankenverband sparen etwas mehr als ein Viertel der Frauen bis zu 100 Euro monatlich, bei den Männern ist es ein Fünftel. Mehr als 200 Euro legen 28 Prozent der Frauen zurück, bei den Männern sind es 38 Prozent. Frauen könnten daher auch weniger für die Altersvorsorge zurücklegen, hieß es weiter. "71 Prozent der Frauen denken, dass sie sich zur Rente hin deutlich werden einschränken müssen, von den Männern glauben das von sich lediglich 55 Prozent", sagt Peucker weiter. Diese Situation sei nicht hinnehmbar.
Deutschland - ein "Schlusslicht in Europa"
Auf die negativen Folgen für die Rente und der Gefahr einer Altersarmut wies auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hin. Sie verwies darauf, dass Deutschland bei Gehaltsunterschieden zwischen Frauen und Männern "noch immer zu den Schlusslichtern Europas" gehört und forderte deshalb "gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit für Frauen und Männer".
"Altersarmut ist oft weiblich", stellte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fest. "Denn geringere Einkommen und kürzere Zeiten im Job wirken sich stark auf die Rente aus. Das führt dazu, dass Frauen im Durchschnitt nur in etwa die Hälfte der Rente von Männern bekommen", sagte Dröge weiter.
Gemeinsam mit ihrer Parteikollegin und Bundesfamilienministerin Lisa Paus fordert Dröge eine Reform des Steuersystems, um Altersarmut bei Frauen zu bewältigen. Ein geschlechtergerechtes Steuersystem brauche eine Reform der Steuerklassen III und V. "Denn dadurch wird die Lohnsteuerbelastung zwischen Eheleuten fairer verteilt", sagte Paus den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Beide Politikerinnen wollen mit einem Fünf-Punkte-Punkte Maßnahmen vorlegen, um der Altersarmut von Frauen vorzubeugen.