EU-Minister beraten Reform der Agrarpolitik Zähes Ringen um die Prämie für Öko-Äcker
Es geht um viel Geld: Umgerechnet zahlt jeder EU-Bürger knapp 110 Euro im Jahr für die Bauern in den Haushalt ein. Die Agrarminister werden daher heute in Brüssel hart darüber verhandeln, wie das Geld künftig verteilt wird. Streitpunkt ist auch ein neuer Umweltbeitrag.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Es wird lange dauern, so viel ist klar. Der irische Agrarminister Simon Coveney, der momentan die Sitzungen seiner EU-Kollegen leitet, legt ein rund 800 Seiten starkes Dokument vor, eng beschrieben und mit vielen Details gespickt. Dass die Verhandlungen bis tief in die Nacht gehen werden, schreckt Coveney nicht. Er als frischgebackener Vater habe sich daran gewöhnt, nächtelang wach zu bleiben.
Und auch die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner stellt sich auf lange und zähe Verhandlungen ein. Schließlich haben die 27 EU-Staaten eine sehr unterschiedliche Agrarkultur: Jeder hat andere Interessen, pocht auf andere Details. Das macht einen Kompromiss, der für alle passt und akzeptabel ist, so schwierig. Und es führt zu vielen Sonderwünschen und Ausnahmeregelungen.
Das Ziel: fairer, transparenter, ökologischer
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos mahnt schon, das nicht ausufern zu lassen: Zu viel Flexibilität, sagt Ciolos, würde das gesamte System verkomplizieren. Der EU-Kommissar will vermeiden, dass Bauern unterschiedlich behandelt werden - sei es im nationalen Vergleich, sei es im Vergleich der EU-Staaten. Im Kern soll es bei der Reform darum gehen, dass die Agrarpolitik fairer, transparenter und ökologischer wird.
So sollen zum Beispiel rund 30 Prozent der Direktzahlungen aus Brüssel an die Bauern der Umwelt zu Gute kommen. Sie sollen daran gekoppelt werden, dass die Bauern sich als Landschaftspfleger betätigen, also etwas für die Allgemeinheit tun.
Nicht zu viel Öko auf dem Acker
Diesen Gedanken des so genannten "Greenings" unterstützen die EU-Staaten im Grundsatz. Allzu viel Öko auf dem Acker will man aber nicht. Für Aigner ist hier wichtig, wie man die geplanten "ökologischen Vorrangflächen" definiert - also Flächen, auf denen man nicht spritzen darf, keine intensive Landwirtschaft betreiben darf. Aigner pocht darauf, dass das nicht zu einer Stilllegung führt.
Der Ministerin ist auch ein Dorn im Auge, dass einige EU-Länder noch immer landwirtschaftliche Flächen sehr unterschiedlich bewerten und subventionieren. Das führe dazu, "dass theoretisch ein Nachbar für die Greening-Prämie - also für dieselbe Leistung - einen Bruchteil von dem bekommt, was der andere Nachbar hat. Das halten wir für schwer erklärbar."
Und gerade um das Erklären soll es bei der Reform gehen. Schließlich wollen die europäischen Bürger wissen, wie die EU-Subventionen verteilt werden. Das Agrarbudget macht den Löwenanteil des gesamten Haushaltes aus, der mit Steuermitteln bestückt wird. Umgerechnet zahlt jeder Europäer im Jahr knapp 110 Euro für die Bauern. Dafür, so zeigen Umfragen, wünscht er sich zum einen gesunde Lebensmittel, aber eben auch eine gesunde Umwelt.