Nord Stream 2 EU-Kompromiss im Pipeline-Streit
Die Gaspipeline Nord Stream 2 hatte vergangene Woche für Streit in der EU gesorgt. Nun haben Unterhändler einen Kompromiss gefunden, der offenbar eine deutsche Sonderrolle vorsieht.
Unterhändler haben eine Einigung über die neue europäische Gasrichtlinie erzielt. Das teilte die EU-Kommission in der Nacht mit. Zuvor hatten sich bereits die EU-Staaten verständigt und damit einen deutsch-französischen Streit beigelegt.
Die Neuregelung sieht vor, dass Pipelines von einem Drittstaat in die Europäische Union denselben Auflagen unterliegen wie Leitungen innerhalb der EU. So darf unter anderem Besitz und Betrieb nicht in einer Hand sein. Außerdem müssen Betreiber Konkurrenten Zugang gewähren.
Offenbar Sonderregeln für Deutschland
Die Entscheidung betrifft auch die Gaspipeline Nord Stream 2, die von Russland nach Deutschland führen soll. Der Betreiber muss sich nun auf zusätzliche Auflagen gefasst machen. Das Vorhaben des russischen Staatskonzerns Gazprom wird jedoch nicht ausgebremst.
Diese Befürchtung hatte Deutschland geäußert und sich deshalb gegen die neue EU-Gasrichtlinie ausgesprochen. Vergangene Woche musste sich die Bundesregierung angesichts des Streits über Nord Stream 2 jedoch dem Druck anderer Staaten beugen und akzeptierte die Novelle. Allerdings setzte Berlin dabei Sonderregeln durch. Sie sehen vor, dass Deutschland alleine über Ausnahmen von der EU-Regel befinden kann. Dieser Passus soll nach Informationen aus Verhandlungskreisen weiterhin gelten. Offenbar darf die EU-Kommission aber Vereinbarungen zwischen Regierungen vorab prüfen.
EU-Kommission zufrieden
Die Kommission äußerte sich zufrieden über den nun gefundenen Kompromiss. Die novellierte Gasrichtlinie erfülle die ursprünglichen Ziele, teilte die Brüsseler Behörde mit. Ausnahmen von den Vorschriften für den EU-Energiemarkt gebe es nur unter strikten Bedingungen, über die die Kommission entscheidend mitbestimme.
"Das ist ein großer Fortschritt hin zu einem integrierten Gas-Binnenmarkt, der auf Solidarität und Vertrauen fußt und die Europäische Kommission voll einbezieht", kommentierte Klimakommissar Miguel Arias Cañete. "Heute schließt Europa Schlupflöcher in seinem juristischen Regelwerk." Jeder, der Erdgas in der EU verkaufen wolle, müsse die europäischen Energieregeln beachten.
Die EU ist von importiertem Gas abhängig. 2017 kamen mehr als 74 Prozent des in der EU verbrauchten Gases aus dem Ausland. Größter Lieferant war Russland mit einem Anteil von 42 Prozent. Danach folgten Norwegen (34 Prozent) und Algerien (10 Prozent).
Umstrittene Pipeline
Nord Stream 2 ist bereits zu einem Viertel fertig und soll rund 1200 Kilometer durch die Ostsee führen. Ende 2019 soll das Projekt in Betrieb gehen. Durch die Leitung könnten jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland nach Deutschland fließen.
Neben Frankreich sehen auch andere Staaten wie Spanien, Belgien, Dänemark, Italien und Polen das Projekt kritisch. Die USA monieren, dass eigenen wirtschaftliche Interessen betroffen seien.
Kern der Kritik ist, dass sich Europa noch abhängiger von russischem Erdgas macht. Die Ukraine fürchtet zudem, als Transitland ausgebremst zu werden und milliardenschwere Durchleitungsgebühren einzubüßen.