Bericht des Europäischen Rechnungshofs Schlampereien in Milliardenhöhe
Fehlende Ausschreibungen, zu hohe Rechnungen: Bei der Vergabe von EU-Geldern wurden nach Angaben des Europäische Rechnungshofs im vergangenen Haushaltsjahr geschätzte 5,5 Milliarden Euro ohne Rechtsgrundlage ausgegeben - auch in Deutschland lief nicht alles korrekt.
Beim Einsatz von EU-Geldern wird weiter in großem Ausmaß geschlampt oder getrickst. So kommt der Europäische Rechnungshof (EuRH) in seinem neuen Kontrollbericht zu dem Ergebnis, dass im vergangenen Haushaltsjahr geschätzte 5,5 Milliarden Euro ohne Rechtsgrundlage ausgegeben wurden. Dies entspricht einer Fehlerquote von 3,8 Prozent.
Im Vergleich zu den Vorjahren habe sich die Situation leider nicht signifikant verbessert, sagte Rechnungshof-Präsident Klaus-Heiner Lehne bei der Vorstellung des Berichts in Brüssel. Jede Fehlerquote, die über zwei Prozent liege, müsse als zu hoch angesehen werden. Zu den typischen Fehlern beim Einsatz von EU-Geldern gehören nach Angaben des Rechnungshofs Verstöße gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge.
Als Beispiel nennen die Prüfer ohne genauere Angaben ein mit EU-Mitteln gefördertes Straßenbauprojekt in Deutschland bei dem zusätzliche Bauleistungen, die mehr als 50 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts ausmachten, ohne Bieterwettbewerb direkt an denselben Auftragnehmer vergeben wurden. Noch immer werden auch Fälle festgestellt, in denen Landwirte Flächen falsch deklarieren. So erhalten sie Beihilfen, die ihnen gar nicht zustehen.
Einfachere Regeln gefordert
Um die Fehlerquote zu senken, legen die Rechnungsprüfer der EU nahe, die Auszahlung von Fördermitteln verstärkt an die Erfüllung bestimmter Bedingungen zu knüpfen. Wo dies geschehe, sei die Fehlerquote deutlich geringer als in den Fällen, in denen Behörden einfach auf der Grundlage von Meldungen der Begünstigten förderfähige Kosten erstatteten. Zudem könnte nach Einschätzung des EuRH auch eine Vereinfachung von Regeln für die Mittelvergabe zu Verbesserungen führen. Das Fehlerrisiko ist demnach umso höher, je komplexer die von den Begünstigten verlangten Angaben sind.
Der erst vor kurzem als Nachfolger von Vítor Caldeira angetretene EuRH-Chef Lehne rief die EU-Staaten und Institutionen auf, das Thema ernst zu nehmen. "Wie können uns die Menschen auch nur im Ansatz vertrauen, wenn sie nicht davon überzeugt sind, dass wir gut auf ihr Geld achten und ordentlich darüber Buch führen?", kommentierte der Deutsche.
Fehler, kein Betrug
Lehne wies allerdings darauf hin, dass die Fehlerquote von 3,8 Prozent (2014: 4,4 Prozent) nicht als Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung verstanden werden darf. Fälle, bei denen Betrug vermutet wird, leitet der Rechnungshof an das Betrugsbekämpfungsamt der Europäischen Union (Olaf) weiter - in der zurückliegenden Prüfperiode waren es zwölf. Die Olaf-Beamten sind dann für weitere Ermittlungen in Zusammenarbeit mit den Behörden in den Mitgliedsstaaten zuständig.