Einigung auf zentrale Finanzaufsichtsbehörden Mit EU-Aufsehern gegen künftige Krisen
Die EU will sich mit drei neuen europäischen Behörden in der Finanzaufsicht gegen künftige Krisen wappnen. Die Unterhändler des EU-Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten einigten sich nach langem Ringen über die Reform der bisher national zersplitterten Finanzaufsicht in Europa.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Einigung sieht vor, dass künftig drei europäische Aufsichtsbehörden Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel kontrollieren. In Krisen- und Streitfällen sollen diese Behörden nationalen Banken Anweisungen geben können. Die neue Aufsicht werde Europa zu einem sicheren Finanzplatz machen, sagte EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier: "Das ist das Fundament einer neuen europäischen Aufsicht. Das ist die erste bedeutende Konsequenz, die wir aus der Finanzkrise ziehen. Denn das Scheitern der Aufsicht war eine Ursache für die Krise."
Streit um Befugnisse
Bis zum Schluss hatte es Streit darum gegeben, wie weit die Rechte der neuen Behörden gehen sollen. Vor allem die Regierungen in London und Berlin befürchteten, dass die europäischen Aufseher zu viele Befugnisse erhalten könnten. Das Parlament wollte eine möglichst starke Aufsicht durchsetzen. Was das Parlament geschaffen habe, zerstöre nicht die Arbeit der nationalen Aufseher sondern schaffe eine neue Aufsichtskultur, sagte die französische liberale Abgeordnete Sylvie Goulard. Und der CDU-Europaabgeordnete Klaus-Heiner Lehne ergänzte: "Das war eine der Erfahrungen aus der Vergangenheit mit rund 54 nationalen Aufsichtsbehörden in Europa. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Mitgliedsstaat im Schnitt ungefähr zwei hat, dann ist die Koordination extrem schwierig und die Kommunikation funktioniert nur begrenzt. Und da braucht man dann schon zentrale Behörden, die in solchen Fällen dann auch eingreifen können, und das kann Europa jetzt."
Wann ist eine Krisensituation?
Doch der Rat konnte durchsetzen, dass er selbst festlegt, wann eine Krisensituation gegeben ist, wann also die europäischen Aufseher durchgreifen dürfen. Doch diese Entscheidung fällt nicht einstimmig, erklärt der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann: "Nein, das machen sie mit qualifizierter Mehrheit, so ist es in den Verträgen vorgesehen. Das heißt, es gibt keine Möglichkeit eines Landes, den Notstand, noch dazu des betroffenen Landes am Ende zu blockieren."
Risiko-Rat in Frankfurt
Das Parlament setzte durch, dass die EU-Aufsicht das Recht erhält, besonders riskante Produkte zu verbieten. Neben den drei Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel wird es ein Gremium geben, das langfristig die Märkte beobachten und Risiken erkennen soll. Dieser Risiko-Rat soll in Frankfurt am Main bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt werden. "Der wichtigste Punkt für das Parlament war, dass zunächst einmal der Präsident der Europäischen Zentralbank auch der Vorsitzende sein wird des Rates für Systemstabilität und da keine Wahl statt findet, die den Vorsitzenden erst wieder schwächen würde", sagte der grüne Europa-Abgeordnete Sven Gigold.
In den kommenden Wochen werden Rat und Parlament den Verhandlungsergebnissen noch zustimmen müssen. Am 1. Januar 2011 könnte dann die Europäische Aufsicht mit der Arbeit beginnen - gut zwei Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise.