Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel 100 Milliarden Euro gegen die Krise
Über den eigenen Hilfsfonds und indirekt über den IWF stellt die EU weitere 100 Milliarden Euro bereit, um Staaten mit Finanzproblemen zu unterstützen. Der EU-Gipfel beschloss zudem einen Forderungskatalog für den Weltfinanzgipfel. Ziel sind mehr Transparenz und Kontrollen der Märkte.
Die Europäische Union stellt weitere 100 Milliarden Euro zur Bewältigung der Finanzkrise bereit. Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich beim Gipfel in Brüssel darauf, den Beitrag für Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) um 75 Milliarden Euro aufzustocken. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel handelt es sich um eine "Gesamtverpflichtung" der EU, die sich aus freiwilligen Beiträgen der Mitgliedstaaten zusammensetzt.
"Wir wollen allerdings auch jetzt erst einmal sehen, was zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika in diesem Zusammenhang leisten", sagte die Kanzlerin. Nach den Vorstellungen der EU sollen die Mittel des Internationalen Währungsfonds insgesamt auf 500 Milliarden Dollar, umgerechnet rund 366 Milliarden Euro, verdoppelt werden. Der IWF soll mit dem Geld Staaten unterstützen, die wegen der Finanzkrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
EU-Nothilfefonds wird verdoppelt
Ihren eigenen Nothilfefonds wollen die EU-Staaten um 25 Milliarden auf 50 Milliarden Euro erhöhen. Das Geld ist für Mitgliedsländer außerhalb der Eurozone bestimmt. "Wenn die Notwendigkeit besteht, besonders stark von der Krise betroffenen Ländern zu helfen, dann gibt es auch die Möglichkeit dafür", sagte der tschechische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratspräsident Mirek Topolanek. Ungarn und Lettland hatten bereits 9,6 Milliarden Euro aus dem Fonds erhalten. Auch Rumänien bemüht sich um Unterstützung der EU und des Internationalen Währungsfonds und erhofft sich Kredite von bis zu 20 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück betonte, innerhalb der Eurozone sei kein Land in Zahlungsschwierigkeiten.
20-Punkte-Plan für Weltfinanzgipfel
Bei der Suche nach einer gemeinsamen Position für den Weltfinanzgipfel Anfang April in London verständigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf einen 20-Punkte-Plan. "Wir werden eine europäische Position vertreten", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Ziel ist demnach eine Stärkung des IWF. Dieser solle künftig die zentrale Rolle beim Umbau der Weltfinanzordnung einnehmen.
Weiter fordern die EU-Staaten freien Handel, ein Verbot von Protektionismus, eine enge Abstimmung nationaler Konjunkturprogramme und einen langfristigen Abbau der enormen Staatsverschuldung. Eine weitere wichtige Forderung zielt auf mehr Transparenz auf den Finanzmärkten ab. Alle Marktteilnehmer und ihre Produkte müssten überwacht werden. Dies gelte etwa für Hedge-Fonds, aber auch für große Finanzkonzerne mit grenzüberschreitenden Geschäften. Rating-Agenturen sollen unter Aufsicht gestellt werden.
Die EU-Staaten verständigten sich auch auf das Ziel, Steuerhinterziehung zu bekämpfen und das internationale Finanzsystem vor riskanten Geschäften in Steueroasen ohne ausreichende Überwachung zu schützen. Staaten, die diese Regelungen unterlaufen, sollen über eine Schwarze Liste angeprangert werden. Diesen Schritt muss aber laut Topolanek kein EU-Mitglied fürchten. "Länder wie Luxemburg oder auch Österreich haben die OECD-Normen akzeptiert, und die Länder, die diese Normen akzeptieren, stehen nicht auf der Schwarzen Liste", sagte er. Dies gelte auch für die Schweiz.
Milliardenprogramm für die Konjunktur
Im Kampf gegen die Folgen der weltweiten Finanzkrise brachten die Teilnehmer des EU-Gipfels zudem ein Konjunkturprogramm in Höhe von fünf Milliarden Euro auf den Weg. Eine Milliarde Euro steht zur Förderung der ländlichen Entwicklung bereit. In erster Linie soll das Geld in den Ausbau schneller Breitband-Internetverbindungen fließen. Die restlichen rund vier Milliarden Euro sind für Energieprojekte eingeplant. Mit 1,44 Milliarden Euro unterstützt die EU den Bau neuer Gas-Pipelines, ein Flüssiggasreservoir in Polen und neue Verbindungsknoten zwischen EU-Staaten. Allein für die Nabucco-Pipeline sind 200 Millionen Euro vorgesehen. Sie soll Gas vom Kaspischen Meer über die Türkei nach Europa transportieren und damit die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen verringern.
925 Millionen Euro will die EU laut dem Beschluss in europäische Stromnetze investieren. Davon stehen 100 Millionen Euro für eine Verbindung zwischen Schweinfurt und Halle an der Saale bereit. 315 Millionen Euro sollen ausgegeben werden, um Windparks an die Stromnetze anzuschließen. Mit 250 Millionen Euro werden Windparks in Nord- und Ostsee gefördert. Auch moderne Kohlekraftwerke profitieren von den Geldern. Dafür sind 1,05 Milliarden Euro vorgesehen.