Brüsseler Gipfel beendet EU will auch die Industrie stützen - irgendwie
Die EU will sich ihren Kompromiss zur Finanzmarktkrise zum Vorbild nehmen - und nach der Finanzbranche auch die einheimische Industrie fördern. In welcher Form das geschehen könnte, bleibt aber umstritten. Ein EU-weites Konjunkturprogramm sei "nicht entscheidungsreif", sagte Außenminister Steinmeier.
Die Europäische Union bereitet nach ihrem Banken-Rettungspaket auch Maßnahmen zur Stützung der heimischen Industrie vor. "Die Wirtschaftskrise ist da", sagte Ratspräsident Nicolas Sarkozy zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. Wenn die EU - wie am Mittwochabend beschlossen - eine koordinierte Antwort auf die Finanzmarktkrise geben könne, müsse dies auch für die Wirtschaftskrise möglich sein. Dem EU-Gipfel im Dezember würden dazu Vorschläge vorliegen.
Sarkozy schloss sich zwar nicht der österreichischen Forderung nach einem EU-weiten Konjunkturprogramm an, deutete aber Hilfen für bestimmte Branchen an. Die Staaten, die sich gemeinsam den Euro gegeben hätten, müssten auch für ein "Maximum an Koordinierung" ihrer Wirtschaftspolitik sorgen. Als Beispiel verwies Sarkozy auf die USA. Washington unterstütze die heimischen Autokonzerne mit vergünstigten Krediten in Höhe von 25 Milliarden Dollar. Wenn die Europäer von den Autoherstellern saubere Autos verlangten, müssten sie ihnen auch unter die Arme greifen.
"Schritte, insbesondere zur Unterstützung der Industrie"
In der Abschlusserklärung für den Gipfel heißt es: "Der Europäische Rat ist entschlossen, die notwendigen Schritte zu ergreifen, um auf den Rückgang von Nachfrage und Investitionen zu reagieren, und insbesondere zur Unterstützung der europäischen Industrie." Wie konkret diese Schritte werden, blieb aber offen.
Ein EU-weites Konjunkturprogramm sei "nicht entscheidungsreif", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. "Wir haben gesagt, dass wir trotz der schwierigen Situation, die uns die Wachstumsraten für das kommende Jahr reduzieren lässt, dennoch bei unserem Investitionsniveau bleiben wollen." Vorschläge der EU-Kommission werde man "im Laufe des nächsten Quartals" zu berücksichtigen haben.
Nach Angaben des luxemburgischen Regierungschefs Jean-Claude Juncker wurde die Frage nach einem EU-weiten Programm nur kurz erörtert. "Ich weiß nicht, ob ein Konjunkturprogramm die richtige Antwort wäre", sagte der Vorsitzende der Euro-Gruppe und verwies auf die Regeln des Stabilitätspaktes: Nach der kostspieligen Bankenrettung sehe er keine Möglichkeit, "eine großes Belebungsprogramm zu finanzieren".
Keine Fortschritte bei der EU-Reform ...
Sarkozy gestand ein, dass hinsichtlich der EU-Reform kein Fortschritt erreicht wurde. "Ich gebe offen zu: Der Absatz, den wir formuliert haben, ist eine hohle Phrase", sagte er. Die Krise gebe die Chance, die Europäer mit Europa zu versöhnen. Die EU wolle sich noch vor Weihnachten einen Fahrplan für ihre Reform geben. Er werde diesen dem Dezember-Gipfel vorlegen, sagte Sarkozy. Dann müsse das Problem des irischen Neins zum EU-Reformvertrag angegangen werden.
... und beim Klimaschutz
Auch das seit eineinhalb Jahren diskutierte EU-Klimapaket kommt nicht voran. Der Gipfel verschob eine Einigung ebenfalls auf Dezember. Bis dahin sollen nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel "Lösungen für einzelne Pakete" gefunden werden. Zudem setzten sich Deutschland und andere große EU-Staaten mit der Forderung durch, dass dabei die "spezifischen Besonderheiten" einzelner Länder stärker zu berücksichtigen sind.
Die EU hatte sich auf ihrem Klimagipfel im März 2007 darauf verständigt, bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß um 20 Prozent zu senken. Mit Blick auf das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll stellte die EU in Aussicht, das CO2-Reduktionsziel auf 30 Prozent anzuheben, sollte es zu internationalen Verpflichtungen kommen.
Allerdings gibt es in der EU einen Streit um die Lastenverteilung unter den Mitgliedsländern. Während etwa Deutschland zu harte Auflagen für die Autoindustrie fürchtet, stemmen sich mehrere osteuropäische Staaten gegen verbindliche Vorgaben für ihre Kraftwerke oder Schwerindustriezweige. Irland hat Bedenken, dass solche Ziele vor allem die Landwirtschaft betreffen könnten.