EU-Kommission stellt Konjunkturpaket vor 130 Milliarden für die notleidende Wirtschaft
Die Europäische Kommission stellt heute ein Konjunkturpaket als Antwort auf die Finanzkrise vor. Laut Bundeswirtschaftsminister Glos umfasst es Hilfen von insgesamt 130 Milliarden Euro. Deutschlands Anteil beträgt 30 Milliarden Euro.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
"Wir müssen was tun." So oder so ähnlich muss die Parole von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso gelautet haben. Der Brüsseler Kommission war vorgeworfen worden, auf dem Höhepunkt der Europa schüttelnden Finanzkrise zu wenig sichtbar gewesen zu sein. Nun will man die sich zuspitzende Wirtschaftskrise anpacken.
Wo die Mitgliedsländer bereits ihre ersten Konjunkturpakete geschnürt haben, will nun Brüssel zumindest die Rolle einnehmen, alle Aktivitäten zu bündeln: "Wir werden die Koordination europäischer Politik partnerschaftlich vorantreiben. Die Solidarität stärken. In der Realwirtschaft wie auf den Finanzmärkten müssen wir zusammen schwimmen - sonst gehen wir gemeinsam unter", so Barroso.
130 Milliarden Euro als Richtgröße
Gemeinsames Handeln bedeute nicht, dass alle das gleiche tun müssten. Mit ihrem "Recovery Program", also Konjunktur-Erholungs-Programm, möchte Brüssel aber Leitlinien vorgeben. Eins ist dabei klar: Die EU-Kommission kann zwar Gelder über verschiedene Hilfsfonds mobilisieren oder schneller einsetzen als geplant. Doch der Löwenanteil wird in den Mitgliedsstaaten aufgebracht werden.
Wie groß das Volumen des Gesamtpakets ungefähr sein soll, will Barroso erst mittags wirklich sagen. Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere rechnen für die gesamte EU grob mit einem Prozent des Brutto-Inlandsproduktes, ungefähr 130 Milliarden Euro: "Die 130 Milliarden orientieren sich am Europäischen Inlandsprodukt. Sie sind kein Diktat von Brüssel, sondern eine Richtgröße, wie man verfahren sollte. Deutschland hat davon schon einen Großteil auf den Weg gebracht", so Merkel vorgestern in Paris.
Hoffnung auf die Mitgliedsstaaten
Brüssel erhofft sich zum einen von den Mitgliedsstaaten steuerliche Entlastungen. Das kann - wie jetzt in Großbritannien - eine Absenkung der Mehrwertsteuer sein, das können aber auch steuerliche Anreize sein für Investitionen in umweltfreundliche Energien. Brüssel kann den Mitgliedsstaaten aber nicht vorschreiben, was sie steuerlich tun sollen.
EU-Staaten sollen mehr Geld ausgeben
Die EU-Kommission setzt ferner darauf, dass bedürftige Unternehmen von der Europäischen Investitionsbank mit günstigen Krediten versorgt werden. Ferner erhofft sich die Kommission mehr öffentliche Investitionen. Die Haushaltslage begünstige dies, meint EU-Währungskommissar Joaquin Almunia: "Der Krise nähern wir uns mit der besten Budgetsituation der letzten zehn Jahre, im Schnitt ausgeglichene Haushalte in der Eurozone und in der EU."
Brüssel will, dass die Staaten mehr Geld ausgeben. Die strengen Verschuldungskriterien gelten zwar weiter, der sogenannte Stabilitätspakt soll aber flexibel angewendet werden, wie es heißt. Im Klartext: Wer kurzfristig gegen das Maastricht-Kriterium von drei Prozent Neuverschuldung verstößt, soll sich keine Sorgen machen.
EU-Initiative kann nur der Anfang sein
Das heutige Paket wird umfänglich sein, birgt aber dennoch keine Wunder, das weiß auch die Kanzlerin: "Brüssel kann beschleunigen, kann auch Kredite geben, kann Investitionen anreizen - auch ohne Geld, indem Bestimmungen gelockert werden. Und dann kommen die nationalen Maßnahmen hinzu." Und die werden den Ausschlag geben. Vor allem die Deutschen möchten sich durch Brüsseler Vorschläge nicht allzu sehr unter Zugzwang setzen lassen.