EU-Sondergipfel zur Finanzkrise Hilfe für Osteuropa nur im Einzelfall
Mit einem klaren Nein zu einem Milliarden-Hilfsfonds für Osteuropa ist der EU-Krisengipfel in Brüssel zu Ende gegangen. Neben Bundeskanzlerin Merkel wandten sich auch osteuropäische Regierungschefs gegen eine entsprechende Forderung aus Ungarn.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Europa hält die Reihen geschlossen: Die Wirtschaftskrise könne nur gemeinsam gemeistert werden, das ist die Botschaft, die am Ende des Gipfels verkündet wurde, und zwar von allen. Das Treffen habe ein Signal der Gemeinsamkeit gegeben, betonte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das heißt aber nicht, dass alle bekommen haben was sie wollten - im Gegenteil.
Aus Angst vor einem drohenden Staatsbankrott hatte Ungarn einen gigantischen Hilfsfond für Osteuropa gefordert - er sollte mit mindestens 160 Milliarden Euro ausgestattet werden. Aber Fehlanzeige: "Unterstützung ja, aber wir werden das von Fall zu Fall entscheiden", sagte Jose Manuel Barroso, der Präsident der EU-Kommission.
Sogar ost- und mitteleuropäische EU-Länder wie Estland und Tschechien lehnten die Idee ab. Auch Bundeskanzlerin Merkel winkte ab - die Situation in den einzelnen Ländern in Osteuropa sei sehr unterschiedlich. "Wir müssen hier sehr, sehr vorsichtig sein und nur im Einzelfall schauen, was gemacht werden muss", sagte sie.
Keine Euro-Einführung im Schnellverfahren
Aufgrund der Finanzkrise hatten Ungarn und Polen zudem darum gebeten, den Euro schneller einführen zu dürfen als die strengen Regeln erlauben - auch dafür gab es kein grünes Licht. "Der Euroraum ist offen - aber die Kriterien müssen erfüllt werden", machte Merkel deutlich.
Von einer Spaltung der EU in Ost und West oder neue und alte Mitgliedsstaaten wollte dennoch niemand reden - im Gegenteil: "Unsere Linie ist Solidarität und Verantwortung", sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. An die Solidarität des französischen Präsidenten hatte man aber gerade in Osteuropa in den vergangenen Wochen nicht mehr geglaubt. Sarkozy hatte den französischen Autoherstellern Auflagen gemacht im Gegenzug für staatliche Kredite: Sie dürfen keine Arbeitsplätze in Frankreich abbauen - das sollen sie in ihren Fabriken in anderen Ländern machen, beispielsweise in Osteuropa.
"Wo sehen Sie Protektionismus?"
Für Sarkozy war der Gipfel ein Erfolg. Es gelang ihm, den Vorwurf vom Tisch zu wischen, seine Politik sei protektionistisch und schade anderen in der EU. "Wo sehen Sie Protektionismus?", ereiferte Sarkozy sich in seiner Pressekonferenz. Indem er die großen französischen Autohersteller rette, rette er Arbeitsplätze überall in Europa, sagte der Franzose. Auch andere Länder wären dabei, Geld in die Erhaltung ihrer Autoindustrie zu pumpen, sagte Sarkozy und verwies auf das Thema Opel.
Die Rettung von Opel spielte allerdings keine Rolle - noch nicht, sagte Merkel. In Berlin will man sich erst selbst klar werden, was man will. Es werde eine Behandlung des Themas Opel unter den betroffenen Ländern geben, kündigte Merkel an. "Trotzdem ist es erst einmal wichtig, dass wir von deutscher Seite das Opel-Konzept analysieren". Sowohl Sarkozy als auch Merkel forderten mehr Kredite für die Autoindustrie zur Entwicklung umweltfreundlicher Autos.
Wenn das Ziel des Gipfels war, Geschlossenheit zu signalisieren, dann ist das sicherlich gelungen. Den Beweis dafür wird man aber in der Praxis erbringen müssen - und in den vergangenen Wochen sah es nicht danach aus.