Kritik am Exportriesen Deutschland Oettinger weist Lagardes Vorstoß zurück
Die Kritik aus Paris an der Übermacht deutscher Exporte ist auf weitere Ablehnung gestoßen. EU-Kommissar Oettinger legte Frankreich indirekt nahe, sich ein Beispiel an der deutschen Wirtschaft zu nehmen. Außenhandels-Vertreter Börner verwies darauf, das Tempo des Weltmarktes werde nicht in Deutschland festgelegt.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat den Vorwurf der französischen Regierung zurückgewiesen, Deutschlands starke Exportwirtschaft schade den anderen EU-Staaten. "Europa steht im harten Wettbewerb mit Japan, den USA und anderen großen Volkswirtschaften", sagte Oettinger. "Wir sind darauf angewiesen, dass Produkte auch wettbewerbsfähig sind. Das führt bei Industrienationen wie beispielsweise Deutschland zu Außenhandelsüberschüssen." Europa benötige mehr Reformen, wie sie in Deutschland gemacht worden seien.
Stück vom gewachsenen Kuchen
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, Anton Börner, sagte der "Berliner Zeitung": "Das Tempo auf den Weltmärkten wird international vorgegeben, das machen nicht wir. Wenn wir im Wettbewerb erfolgreich sind, heißt das nicht automatisch, dass wir anderen Ländern etwas wegnehmen, schließlich ist in der weltwirtschaftlichen Boomphase vor der Krise der Kuchen auch gewachsen."
Lagarde: Deutschland muss sich der EU anpassen
Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde hatte zuvor in der "Financial Times" kritisiert, der derzeitige deutsche Handelsüberschuss sei für die Nachbarstaaten in der Euro-Zone nicht tragbar. "Wir brauchen ganz deutlich eine stärkere Annäherung."
Berlin unbeeindruckt
Bereits gestern hatte die Bundesregierung die Kritik zurückgewiesen und im Gegenzug eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit anderer Länder angemahnt. Die Exportstärke sei nicht Folge staatlicher Politik, sondern innovativer Unternehmen.
Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans sagte, sicher sei es richtig, auf eine Harmonisierung der Wettbewerbsfähigkeit hinzuarbeiten. "Allerdings wäre es vermutlich für alle europäischen Staaten gewinnbringender, wenn sich nicht einzelne Länder künstlich zurücknehmen, sondern wir unsere ganze Kraft in eine gemeinsame Wachstumsstrategie stecken."
Weltweit größter Exportüberschuss
Die Bundesrepublik gehört zu den Staaten mit dem weltweit größten Handelsüberschuss; das heißt, die deutsche Wirtschaft exportiert deutlich mehr Waren als sie importiert.
Deutschland führte 2009 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Waren im Wert von 803,2 Milliarden Euro aus und Waren im Wert von 667,1 Milliarden Euro ein. Der Überschuss in der deutschen Außenhandelsbilanz belief sich damit im vergangenen Jahr auf 136,1 Milliarden Euro. Frankreich hingegen hat ein Defizit im Außenhandel: 2009 waren die importierten Waren rund 43 Milliarden Euro mehr Wert als die exportierten Waren.
Am Hamburger Hafen stapeln sich die Container. Es geht mehr raus als rein.