Blick in den Handelssaal der Frankfurter Börse.
marktbericht

Vor den US-Wahlen Nervosität regiert

Stand: 30.10.2024 21:47 Uhr

Die Berichtssaison nimmt Fahrt auf - mit gemischten Resultaten. Weder in Frankfurt noch in New York wagten sich die Anleger hervor. Nach Börsenschluss legten noch Microsoft und Meta Zahlen vor.

Vier Handelstage vor den Präsidentenwahlen in den Vereinigten Staaten zeigten sich die Aktienmärkte nervös. Auch eine Reihe höchst unterschiedlicher Quartalszahlen trug nicht zur Beruhigung der Anleger bei. Der New Yorker Leitindex Dow Jones, der die meiste Zeit über im Plus verharrt hatte, driftete gegen Handelsende ins Minus und schloss 0,22 Prozent tiefer bei 42.141 Punkten.

Noch schwächer präsentierten sich die Technologietitel. Der Nasdaq 100 büßte 0,79 Prozent auf 20.387 Punkte ein. Da in den USA die Sommerzeit erst am Sonntag endet, schließt die Wall Street in dieser Woche bereits um 21.00 Uhr MEZ.

Die aktuellen Wachstumsdaten wirkten eher belastend. Im dritten Quartal stieg das US-Bruttoinlandsprodukt aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent und damit fast so schnell wie im Frühjahr mit damals 3,0 Prozent. Als wichtige Stütze erwies sich weiter der private Konsum, der von Juli bis Ende September mit 3,7 Prozent so stark wie seit Anfang 2023 nicht mehr wuchs. Laut einer Umfrage schufen zudem die US-Unternehmen im Oktober mehr als doppelt so viele Stellen wie von Experten erwartet. Das schürte Sorgen um den künftigen Zinskurs der US-Notenbank Fed: "Aus Sicht der Anleger spricht das starke BIP-Wachstum nicht wirklich für weitere Zinssenkungen der Fed", sagte Marc Ostwald, Chefökonom beim Broker ADM.

Am deutschen Aktienmarkt war die Stimmung angesichts einer Reihe von Gewinnwarnungen noch dürftiger. In einer durchweg schwachen Sitzung büßte der DAX 1,13 Prozent auf 19.257 Punkte ein. Im Tagestief hatte das Minus 1,4 Prozent betragen.

Am Dienstag war der deutsche Leitindex im Verlauf ins Minus gerutscht und hatte 0,3 Prozent tiefer geschlossen. Mit dem Rutsch unter das Vorwochentief bei 19.330 Zählern hat sich das charttechnische Bild im DAX weiter eingetrübt. Die nächste ernstzunehmende Unterstützung verläuft nun erst wieder auf Höhe der runden Marke von 19.000 Punkten.

Update Wirtschaft vom 30.10.2024

Stefan Wolff, HR, Update Wirtschaft, 30.10.2024 09:00 Uhr

Die aktuellen Inflationsdaten für Deutschland sorgten zunächst für eine Stabilisierung der Kurse - obwohl sie eigentlich die Zinshoffnungen der Anleger trübten: Mit einer Rate von 2,0 Prozent lag die Teuerung im Oktober über den Expertenerwartungen, die einen Wert von 1,8 Prozent erwartet hatten nach 1,6 Prozent im September.

Auch die aktuellen Daten zur Wirtschaftsleistung in Deutschland und der Eurozone sprechen eher für zurückhaltendere Zinssenkungen: Die deutsche Wirtschaft wuchs im dritten Quartal wegen höherer Konsumausgaben überraschend um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Wirtschaft in der Eurozone wuchs im gleichen Zeitraum unerwartet deutlich um 0,4 Prozent.

Auf der Suche nach sicheren Häfen treibt es die Investoren in Gold - es setzt daher seinen Höhenflug fort. Die Feinunze des Edelmetalls verteuerte sich um bis zu 0,5 Prozent auf ein Rekordhoch von 2.789,73 Dollar. Die Spannung vor der US-Präsidentenwahl und die Lage im Nahen Osten erhöhen die Nachfrage nach der als sicherer Hafen geltenden Anlage. In diesem Jahr hat der Goldpreis bereits mehr als 34 Prozent zugelegt.

Am Rohstoffmarkt stabilisierten sich die Ölpreise, nachdem die Ölreserven der USA in der vergangenen Woche überraschend gesunken waren. Die Bestände an Rohöl gingen im Vergleich zur Vorwoche um 0,5 Millionen auf 425,5 Millionen Barrel (je 159 Liter) zurück. Analysten hatten hingegen mit einem Anstieg um 1,8 Millionen Barrel gerechnet. Deutlichen Schub erhielten die Notierungen auch von der Spekulation, dass die Förderländer der OPEC+ eine für Dezember geplante Erhöhung der Ölproduktion weiter verzögern könnten. Die Erhöhung der Fördermenge um 180.000 Barrel pro Tag war ursprünglich schon für Oktober geplant gewesen und aufgrund sinkender Preise verschoben worden.

Rohöl der Nordseesorte Brent verteuerte sich bis zum Abend um zwei Prozent auf 72,49 Dollar je Barrel. In den beiden Handelstagen zuvor waren die Preise aufgrund der Aussicht auf eine Entspannung der Lage im Nahen Osten gefallen.

Nach US-Börsenschluss legten mit Microsoft und Meta zwei Tech-Schwergewichte ihre Quartalszahlen vor. Ein robustes Cloud-Geschäft hat Microsoft einen erneuten Wachstumsschub beschert. Der Umsatz stieg im abgelaufenen Quartal um überraschend starke 16 Prozent auf 65,6 Milliarden Dollar, teilte der Software-Konzern mit. Analysten hatten mit rund einer Milliarde Dollar weniger gerechnet.

Auch Meta übertraf mit seinem Zahlenwerk die Markterwartungen. Im abgelaufenen Vierteljahr verbuchte der Facebook-Konzern, zu dem auch Instagram und WhatsApp gehören, Erlöse von 40,59 Milliarden Dollar. Der Quartalsgewinn erreichte 6,03 Dollar je Aktie. In Erwartung anziehender Werbeeinnahmen lieferte Meta zudem einen überraschend optimistischen Ausblick. Für das laufende Quartal stellte der Internetkonzern Erlöse von 45 bis 48 Milliarden Dollar in Aussicht.

In New York war die Aktie von Alphabet gefragt. Ein robustes Cloud-Geschäft und gestiegene Werbeeinnahmen haben der Google-Muttergesellschaft ein überraschend starkes Quartalsergebnis beschert. "Unsere Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI) zahlen sich aus", sagte Alphabet-Chef Sundar Pichai. Der Konzernumsatz stieg im abgelaufenen Quartal um 15 Prozent auf 88,27 Milliarden Dollar. Bei der Cloud-Sparte fiel das Wachstum mehr als doppelt so hoch aus.

Die Aktie von Eli Lilly stand dagegen stark unter Druck. Der US-Pharmakonzern hat im vergangenen Quartal nicht an das starke erste Halbjahr anknüpfen können. So blieben die wichtigen Diabetes- und Abnehmmedikamente Mounjaro und Zepbound hinter den Erwartungen zurück. Konzernweit kletterte der Umsatz der Monate Juli bis September im Jahresvergleich zwar um ein Fünftel auf gut 11,4 Milliarden Dollar. Allerdings hatte der Zuwachs in den ersten beiden Quartalen noch deutlich darüber gelegen. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 970 Millionen Dollar; im Vorjahr war noch ein Fehlbetrag von knapp 60 Millionen Dollar angefallen.

Nach dem Ausstieg des bisherigen Abschlussprüfers schickten die Anleger die Aktie von Super Micro Computer in den Sturzflug. Die Papiere des Herstellers von KI-Servern brachen um mehr als 30 Prozent ein. Der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young habe sein Mandat aufgegeben, teilte SMCI mit. Die Aktien waren bereits im September nach einem Bericht des Wall Street Journal unter Druck geraten, wonach das US-Justizministerium eine Untersuchung beim kalifornischen Unternehmen eingeleitet hatte. Der Leerverkäufer Hindenburg Research hatte im August eine Short-Position in Super Micro bekanntgegeben und dem Unternehmen "Bilanzmanipulationen" vorgeworfen. Die Firma hat die Vorwürfe als "falsche oder ungenaue Aussagen" bezeichnet.

Die Aktie von Visa haussierte. Der Kreditkartenkonzern hat im vergangenen Geschäftsjahr (per Ende September) stark von der Konsum- und Reiselust profitiert. Der Umsatz sei um zehn Prozent auf fast 36 Milliarden Dollar nach oben geklettert, teilte der im Dow Jones notierte Finanzkonzern mit. Beim Gewinn verzeichnete Visa einen Anstieg um 14 Prozent auf 19,7 Milliarden Dollar.

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hat im Sommer wieder deutlich zugelegt. Im dritten Quartal verdiente der DAX-Konzern unter dem Strich 983 Millionen Euro und damit 22 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie er nach Börsenschluss mitteilte. Nachdem Vorstandschef Guillaume Faury seine Produktions- und Gewinnpläne im Juni zusammenstreichen musste, sieht er den Luftfahrt- und Rüstungskonzern nun auf Kurs zu seinen bescheideneren Zielen für 2024. So will Airbus weiterhin 770 Passagierflugzeuge ausliefern, nachdem sich das ursprüngliche Ziel von 800 Jets in diesem Jahr als unerreichbar erwiesen hatte. Das bereinigte operative Ergebnis soll 5,5 Milliarden Euro erreichen. Das ursprüngliche Ziel von 6,5 bis 7,0 Milliarden Euro hatte Faury wegen hoher Sonderbelastungen in der Raumfahrtsparte kassiert.

Größter DAX-Verlierer war die Aktie des Halbleiterkonzerns Infineon. Sie folgte damit den negativen Vorgaben des Chipkonzerns AMD, der gestern Abend nach US-Börsenschluss die Anleger mit seiner Prognose für das Schlussquartal enttäuscht hatte. Auch Papiere von Süss Microtec und Elmos Semiconductor standen unter Druck.

Die VW-Aktie drehte nach anfänglichen Verlusten ins Plus. Hohe Kosten und ein deutlich schwächelnder Absatz in China haben den Autobauer im dritten Quartal stark belastet. Der Gewinn brach um 63,7 Prozent auf knapp 1,58 Milliarden Euro ein. Nach neun Monaten beläuft sich die Rendite der kriselnden Kernmarke VW auf nur noch zwei Prozent.

Deutsche Post streicht Prognosen zusammen

Der Logistikriese DHL erreicht wegen der lahmenden Konjunktur sein Gewinnziel für das Jahr 2024 nicht. Das Paket- und das Briefgeschäft der Deutschen Post hätten sich nicht wie erwartet entwickelt, teilte der DAX-Konzern mit. Daher habe sich der Vorstand entschieden, die Prognose des operativen Ergebnisses (Ebit) für 2024 auf mehr als 5,8 Milliarden Euro zu kürzen. Zuvor hatten die Bonner eine Spanne zwischen sechs und 6,6 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Zudem senkte der Vorstand die Prognose für das mittelfristige Ebit-Wachstum auf mehr als sieben Milliarden Euro. Zuvor waren es 7,5 bis 8,5 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2026 gewesen.

Auch der weltgrößte Chemiekonzern BASF wird etwas vorsichtiger für das laufende Jahr und erwartet für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereffekten nur noch das untere Ende der prognostizierten Bandbreite von 8,0 bis 8,6 Milliarden Euro. BASF habe jedoch auch auf eine weitere Dynamik der Nachfrage im Kerngeschäft hingewiesen, dies könnte etwas stützen, betonen die Experten von Jefferies.

Papiere von Grenke brachen um rund 25 Prozent ein. Der Leasingspezialist hat wegen höherer Zahlungsausfälle infolge einer gestiegenen Insolvenzzahl seine Gewinnprognose gekappt und rechnet nun mit einem Rückgang auf einen Wert zwischen 68 und 76 Millionen Euro. Die neue Prognosespanne liegt deutlich unter der bisherigen Erwartung der Analysten.

Nach Börsenschluss gab der Autozulieferer Stabilus die Zahlen seines Ende September abgelaufenen Geschäftsjahres bekannt. Dank eines starken Schlussspurts und einer Übernahme schnitt der MDAX-Konzern besser ab als erwartet. Das um Sondereffekte wie die Belastungen aus der Übernahme von Destaco bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei zwar leicht auf 157 Millionen Euro gefallen, teilte das Unternehmen am Abend mit. Von Bloomberg befragte Experten hatten allerdings mit einem noch stärkeren Rückgang gerechnet. Der Umsatz zog unter anderem dank des Zukaufs um acht Prozent auf 1,31 Milliarden Euro an.

Der Hafenlogistik-Konzern HHLA hat seine Prognose für das laufende Jahr erhöht und erwartet nun ein Betriebsergebnis zwischen 125 und 145 Millionen Euro (bisher: 85 bis 115 Millionen Euro). Vorstandschefin Angela Titzrath hatte die gestiegene Transportnachfrage zuletzt mit der Furcht vor der Einführung von Zollbeschränkungen nach der US-Präsidentenwahl begründet. Unternehmen füllten im Vorfeld ihre Lager.

Im Kleinwerteindex SDAX wendeten sich die Anleger von Borussia Dortmund nach dem Aus im DFB-Pokal ab. Nach einer 0:1 Niederlage beim VfL Wolfsburg sind die Schwarz-Gelben bereits in der zweiten Runde aus dem Pokal ausgeschieden. Für den BVB war es die vierte Niederlage in den vergangenen fünf Pflichtspielen. Auswärts war es wettbewerbsübergreifend sogar schon die fünfte Pleite in Serie.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 30. Oktober 2024 um 09:00 Uhr.