DAX-Rekord weiter in Sicht Zinsfantasie trägt die Kurse weiter
In Frankfurt sind die Kurse zum vierten Mal in Folge gestiegen, was dem DAX beinahe ein neues Rekordhoch bescherte. In New York ging es etwas weniger spektakulär zu.
Auch wenn die Zinsfantasie an der Wall Street weiter anhält - bis zum September, in dem die US-Notenbank den Leitzins erstmals senken könnte, ist es noch weit. Entsprechend erlahmte die Fantasie zunächst im Mittwochshandel. Im späten Handel machte sich der Dow Jones dann aber doch über die Marke von 39.000 Punkten auf und schaffte noch ein Plus von 0,44 Prozent.
Die Technologietitel kamen dagegen wegen ungünstiger Nachrichten aus der Branche nicht voran. Der Nasdaq 100 ging 0,04 Prozent tiefer aus dem Handel.
Am deutschen Aktienmarkt gelang dem DAX der vierte Gewinntag in Folge. Zwischenzeitlich trennten den deutschen Leitindex nur noch 25 Punkte von seiner Bestmarke bei 18.567 Zählern von Anfang April. Zum Handelsende notierte der DAX 0,37 Prozent höher bei 18.498 Punkten.
Viele Marktbeobachter erwarten bald einen neuen Anlauf, denn ein Rekordhoch übt eine starke Anziehungskraft auf Investoren aus. Jegliche technischen Widerstände auf dem Weg dorthin hat der Leitindex bereits aus dem Weg geräumt. Die so genannte Saisonalität ist allerdings eher ungünstig, da von nun an bis Ende Mai in der Regel die Kurse unter Druck stehen.
Rückenwind für den DAX kam einerseits von der Berichtssaison - vor allem ein zweistelliger Kurssprung bei Siemens Energy machte sich positiv bemerkbar -, aber auch von der Geldpolitik. Zu den jüngst wiederbelebten Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen in den USA gesellten sich heute positive Signale aus Skandinavien hinzu. Nach der Schweiz im März hat nun auch Schweden das Zinsniveau erstmals seit acht Jahren wieder gesenkt, um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Das bestärkte die Hoffnungen der Anleger auf sinkende Zinsen im Euroraum ab Juni.
Im Devisenhandel zeigte sich der Euro kaum bewegt: Am späten Abend notierte die europäische Gemeinschaftswährung bei 1,0745 Dollar. Wenig Bewegung auch am Goldmarkt: Die Feinunze Gold tendiert zur Stunde bei 2.311 Dollar 0,2 Prozent tiefer.
Die Ölpreise erholten sich nach einem zwischenzeitlichen Zwei-Monats-Tief deutlich. Zunächst wurden die Notierungen durch die Ankündigung des iranischen Ölministers Javad Owji belastet, das Land wolle seine Ölförderung in diesem Jahr deutlich ausweiten. Ein Rückgang der US-Ölreserven in der vergangenen Woche stützte dann die Notierungen wieder. Die Rohölbestände fielen im Vergleich zur Vorwoche um 1,4 Millionen auf 459,5 Millionen Barrel (159 Liter). Am Abend kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent 83,70 Dollar und damit 0,75 Prozent mehr als am Vorabend. Seit gestern werden die Ölpreise auch durch die Kämpfe in Rafah im Gazastreifen beeinflusst.
In New York fiel die Tesla-Aktie zurück. Die US-Börsenaufsicht SEC geht bei ihren Untersuchungen des Autopiloten von Tesla Insidern zufolge auch der Frage nach, ob der Elektroautobauer gegen Kapitalmarktvorschriften verstoßen hat. Kernfrage sei, ob Tesla Kunden und Investoren mit seinen Angaben zu den Fahrerassistenzsystemen Autopilot und Full Self Driving (FSD) getäuscht habe, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Im Werk Grünheide sollen die Tesla-Beschäftigten morgen angesichts von Protesten gegen die geplante Erweiterung der Fabrik nur von zuhause aus arbeiten. Der Elektroautohersteller betonte zugleich, der freie Brückentag nach Himmelfahrt sei bereits im Januar der Belegschaft angekündigt worden.
An der Nasdaq lag der Fokus erneut auf Intel und Qualcomm. Zuletzt war bekannt geworden, dass die US-Regierung den chinesischen Huawei-Konzern auch vom Zugang zu älteren Chips der beiden amerikanischen Halbleiterkonzerne abschneidet. Die entsprechenden Liefergenehmigungen seien zurückgezogen worden, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Intel wird nun bei der Umsatzprognose für das laufende zweite Quartal etwas vorsichtiger.
Die Boeing-Aktie konnte sich im Plus halten, obwohl die Pannenserie bei dem Flugzeugbauer nicht abreißt. Nun musste ein Flieger des Logistikkonzerns FedEx am Istanbuler Flughafen auf dem Rumpf landen. Grund sei ein Problem mit dem Fahrwerk der Maschine gewesen, berichtete der staatliche Sender TRT. Bei der Maschine habe es sich um eine Boeing 763 gehandelt. Es sei niemand verletzt worden.
Im DAX war die Siemens-Energy-Aktie mit einem Plus von über zwölf Prozent der größte Kursgewinner. Anleger zeigen sich angetan von einer Anhebung der Umsatzprognose: Für das laufende Jahr erwartet der Energietechnikkonzern nun einen Anstieg der Erlöse um zehn bis zwölf Prozent statt bislang drei bis sieben Prozent - ein Unterschied im Milliardenbereich.
Die Papiere von Fresenius legten um ein Prozent zu. Der Gesundheitskonzern hatte gestern Abend seinen Gesamtjahresausblick angehoben. Beim Konzernumsatz wird 2024 nun ein organisches Wachstum zwischen vier und sieben Prozent erwartet, nach bislang drei bis sechs Prozent. Auch die Prognose für das währungsbereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) liegt nun höher.
Zu den schwächeren DAX-Titeln zählte BMW mit einem Minus von über drei Prozent. Der Münchner Autobauer hat im ersten Quartal unterm Strich knapp drei Milliarden Euro verdient - 19,4 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Die Gewinnmarge im Autogeschäft lag mit 8,8 Prozent um 3,3 Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau.
Infineon hat die ersten Stellenstreichungen im Rahmen seines angekündigten Sparprogramms bestätigt. In Regensburg sollen Hunderte Jobs wegfallen. Erst gestern hatte der Chiphersteller nach schwachen Zahlen seine Prognose für das laufende Jahr gesenkt.
Der DAX-Konzern Continental ist im ersten Quartal infolge der enttäuschenden Entwicklung in seiner Autozuliefersparte in die roten Zahlen gerutscht. Unter dem Strich fiel ein Nettoverlust von 53 Millionen Euro an. Ein Jahr zuvor hatte Conti noch einen Gewinn von 382 Millionen Euro gemacht.
Im MDAX hielt die Aktie von SMA Solar mit einem Abschlag von über sechs Prozent die rote Laterne. Der Solartechnikhersteller hat infolge höherer Kosten und eines ungünstigeren Produktmixes zum Jahresauftakt weniger verdient. Das Nettoergebnis brach um 44,9 Prozent auf 28,5 Millionen Euro ein.
Ein gänzlich anderes Bild zeigte sich bei der Jenoptik-Aktie. Diese lag mit einem Plus von über elf Prozent an der MDAX-Spitze. Rückenwind geben gute Geschäftszahlen zum Jahresauftakt. Baader Bank-Experte Peter Rothenaicher sprach von einer überraschend starken operativen Profitabilität.
Auch Aktien von Puma und Knorr-Bremse verbuchten nach Zahlen Kursgewinne. Dabei ist bei dem Sportartikelhersteller der Nettogewinn im ersten Quartal wegen negativer Währungseffekte um ein Viertel auf 87 Millionen Euro gefallen. Der Bahn- und Lkw-Zulieferer verzeichnete hingegen einen Umsatz- und Ergebnisanstieg.
Unter den SDAX-Werten zündeten die Titel von Auto1 ein Kursfeuerwerk. Die Aktie des Gebrauchtwagenhändlers gewann 26 Prozent. Auto1 rechnet nun in diesem Jahr mit einem bereinigten operativen Ergebnis (Ebitda) zwischen 20 Millionen Euro und 40 Millionen Euro, nachdem bisher lediglich ein Erreichen der operativen schwarzen Null in Aussicht gestellt wurde.
Der Einzug von Borussia Dortmund in das Champions-League-Finale spült dem Fußballclub zusätzliche Millionen in die Kassen - das wird von den Anlegern gefeiert: BVB-Aktien springen erstmals seit Oktober 2023 wieder über die Marke von 4,00 Euro.
Einer der größten Verlierer im SDAX war Compugroup. Nach einer Sonderkonjunktur im Vorjahr hat die Medizintechnikfirma im Auftaktquartal 2024 zwei Prozent weniger umgesetzt. Das bereinigte operative Ergebnis legte im ersten Quartal um ein Prozent auf 61 Millionen Euro zu. Für das Gesamtjahr peilt Compugroup weiterhin ein organisches Umsatzwachstum von vier bis sechs Prozent und ein Betriebsergebnis zwischen 270 und 310 Millionen Euro an. Diese Prognose stütze sich auf die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen, sagte Firmenchef Michael Rauch. So seien in Deutschland zum Jahresauftakt gut 113 Millionen E-Rezepte eingelöst worden.