Mitgliedsstaaten reformieren Aufsicht Die EU zieht die Finanzmarktkontrolle an sich
Zwei Jahre nach Beginn der Krise hat die EU die Kontrolle der Finanzmärkte neu geregelt. Zur Überwachung von Banken, Börsen und Versicherungen entstehen drei zentrale Aufsichtsbehörden. Sie sollen künftig rechtzeitig eingreifen, um weitere Krisen zu verhindern.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Knapp zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und dem Ausbruch der großen Finanzkrise machen die EU-Finanzminister ernst: Mit ihren heutigen Beschlüssen haben sie das Fundament gelegt für eine strenge Kontrolle der Finanzmärkte in Europa. Drei neue Behörden werden vom kommenden Jahr an Banken, Börsen und Versicherungen überwachen, um zu verhindern, dass sich ein ähnlicher Crash der Finanzmärkte wiederholt.
"Radarschirm zur Überwachung der Märkte"
"Wir haben nun einen Radarschirm aufgestellt und einen Tower eingerichtet", sagt der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier, "um Märkte und Institutionen überwachen zu können, die längst über Ländergrenzen hinweg aktiv sind".
Die Hälfte aller Banken eines Mitgliedsstaates hat ihren Sitz in einem anderen EU-Land, skizziert der Franzose die gegenseitigen Verflechtungen. Doch während die Finanzkonzerne grenzüberschreitend investierten, blieb die Aufsicht über Geld- und Börsengeschäfte nationalen Behörden vorbehalten. Dementsprechend überrascht waren die deutschen Bankenaufseher, dass die Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate an den Spekulationen ihrer irischen Tochter fast zugrunde ging.
EU-Aufsichtsbehörden haben das letzte Wort
In Zukunft sollen nun in ähnlichen Fällen die EU-Aufsichtsbehörden das letzte Wort haben. Sie sollen im Krisenfall die Rettungsmaßnahmen in den einzelnen Ländern koordinieren. Besonders riskante und damit für den Finanzsektor insgesamt gefährliche Wertpapiergeschäfte werden die EU-Finanzmarktkontrolleure sogar untersagen können.
Auch wenn das deutsche Finanzministerium eine Einigung lange blockiert hatte, zeigte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble letztendlich zufrieden mit dem Ergebnis. Es zeige sich, dass die EU Schritt für Schritt vorankomme und die Lehren aus der Finanzkrise ziehe. "Die Behauptung, wir kämen nicht voran, ist ein großer Fehler", sagte Schäuble an die Adresse derer, denen es in Europa nicht schnell genug voran geht mit der Regulierung.
Frühere Kontrolle der nationalen Haushalte
Ausgeweitet haben die Finanzminister auch die Rechte Brüssels bei der Kontrolle der nationalen Budgets. So müssen die Regierungen die Ansätze ihrer Etatplanung künftig vorab an die EU schicken. Erst nach der Billigung durch die Kommission und die Finanzministerrunde können die Haushaltsentwürfe mit den Parlamenten abgestimmt werden. Böse Überraschungen wie im Fall Griechenlands soll es in Zukunft nicht mehr geben.
Kein gutes Wort dagegen ließ der deutsche Finanzminister an den Forderungen von Kommissionschef José Manuel Barroso, die EU brauche eine eigene Steuer. Weltfremd nannte Schäuble diesen Vorschlag und der Bevölkerung nicht vermittelbar. Für eine EU-Steuer könne irgendwann einmal die richtige Zeit sein, giftete der Deutsche, "derzeit ist sie es nicht". Nicht einmal diskussionsfähig seien die Ideen für eine Abgabe, die direkt in den Brüsseler EU-Haushalt fließe. Dabei hat die EU-Kommission ihre Pläne noch nicht einmal vorgelegt.