Griechenland bekommt mehr Zeit für Schuldenabbau Wer trägt die Kosten für den Aufschub?
Griechenland soll zwei Jahre mehr Zeit bekommen, um sein Staatsdefizit in den Griff zu bekommen. Diese Entscheidung der Euro-Finanzminister kostet allerdings viel Geld. Und es ist völlig unklar, woher das kommen soll. Auch bei anderen Fragen herrscht weiter Uneinigkeit.
Von Andreas Reuter, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Zwei Jahre mehr Zeit für Griechenland - das wird teuer. 32 Milliarden Euro kostet der Aufschub, sagt die Troika. Um die spannende Frage, wie das Geld aufgetrieben werden soll, haben sich die Euro-Finanzminister in der Nacht herumgedrückt. Darüber wird offenbar noch heftig gestritten.
Immerhin: Der deutsche und der französische Finanzminister einigten sich wenigstens auf einen Termin für eine gemeinsame Pressekonferenz: "Denn wir gehen die Themen im gleichen Geist an, in totaler Kooperation, transparent, loyal", so der französische Finanzminister Pierre Moscovici. Und auch Wolfgang Schäuble sagte, er sei einverstanden.
Uneinigkeit über weiteren Zeitplan
Diese Demonstration der Harmonie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Euro-Retter sich noch nicht mal darüber einig zu sein scheinen, was zwei Jahre mehr eigentlich bedeuten. Bedeutet es nur, dass im griechischen Sparprogramm das Ziel für die Zwischen-Etappe von 2014 verschoben wird, auf 2016? Oder bedeutet es auch, dass das große Ziel für 2020, dass Griechenland dann auf einen halbwegs erträglichen Schuldenstand von 120 Prozent seiner Wirtschaftsleistung kommt, ebenfalls um zwei Jahre verschoben wird, auf 2022 also?
Jean-Claude Juncker, der Chef der Euro-Gruppe, ist dafür. Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds dagegen. Beide hatten sich in der Nacht vor laufenden Kameras in dieser Frage einen munteren Streit geliefert. Und am Morgen danach machte Luc Frieden, der Finanzminister von Luxemburg, die Sache noch komplizierter: "Wenn zwei Jahre mehr die Lösung aller Probleme wäre, dann wäre das einfach. Ich denke aber, dass wir, selbst wenn wir auf 2020 kommen, der Weg dahin sehr schwierig bleibt."
Schäuble schließt zweiten Schuldenschnitt und neues Rettungspaket aus
Zumal etliche Möglichkeiten, um aus dem Dilemma rauszukommen, auf keinen Fall infrage kommen, wie Schäuble sagt. Ein zweiter Schuldenschnitt zum Beispiel, bei dem nicht nur private Anleger auf Geld verzichten müssten, wie geschehen, sondern dann auch die Steuerzahler in den Partnerländern. Lagarde hatte das gefordert. Aber Schäuble ist dagegen: "Da sagen die meisten Mitgliedsländer der Eurozone, dass das nach ihrer nationalen Rechtsordnung ausgeschlossen ist."
Auch ein neues, drittes Rettungspaket für Griechenland soll es nicht geben, und das jetzige soll auch nicht aufgestockt werden. Nein, der deutsche Steuerzahler solle nicht belastet werden, sagte Schäuble: "Wir gehen ja davon aus, dass das Programm funktioniert, sodass am Ende es sich immer um Garantien und nicht um Leistungen für Griechenland handelt. Allerdings mag es sein, dass wir - etwa bei der Reduzierung von Zinsen - ein Stück weit auch Maßnahmen ergreifen müssen, die mittelbar sich auf die Haushalte auswirken."
Das aber sei dann höchstens ein Verzicht auf Einnahmen oder andere marginale Veränderungen. Bis zum nächsten Dienstag soll nun ein Weg gefunden werden, die 32 Milliarden Euro aufzutreiben, ohne irgendjemandem wehzutun. Dann kommen die Finanzminister der Euro-Gruppe wieder zusammen.