Abstimmung im EU-Parlament Droht Google die Zerschlagung?
Heute stimmt das EU-Parlament über einen Antrag zur Marktmacht von Suchmaschinen ab. Für den Internet-Giganten Google könnte das weitreichende Folgen haben: Die Rede ist von einer Aufspaltung des Konzerns.
Wer bei Google das Wort "Karten" eingibt, bekommt als ersten Treffer Google Maps angezeigt - den Kartendienst, den Google selbst betreibt. Erst danach werden andere Dienste von Michelin oder Falk aufgelistet. Und wer Nachrichten-Artikel lesen oder online shoppen will, findet gleich unter dem Google-Suchfeld Links zu den Google-eigenen Portalen.
Irgendwie praktisch, denn es muss ja schnell gehen. Aber auch sehr unfair, beklagen die anderen Anbieter: Google missbrauche seine Marktmacht, indem es seine eigenen Produkte im Ranking bevorzuge, sagen sie. Und diese Marktmacht ist enorm: Rund 90 Prozent der Suchanfragen in Europa laufen über Google.
US-Regierung nervös wegen angeblicher Google-Zerschlagung
Weil diese Wettbewerbsverzerrung auch zahlreiche EU-Parlamentarier verärgert, diskutieren sie über eine Resolution, die Suchmaschinen wie Google zu mehr Neutralität verpflichten soll. Das EU-Parlament plane die Zerschlagung von Google, war dazu in verschiedenen Medien zu lesen.
Die Schlagzeile verfehlte ihre Wirkung nicht: Sogar die US-Regierung zeigt sich nervös. "Wir haben den Resolutionsentwurf des Europaparlaments mit Besorgnis zur Kenntnis genommen", erklärte die US-Vertretung bei der Europäischen Union. Zuvor hatten laut einem Bericht der "Financial Times" führende US-Politiker vor einer zu starken Einmischung der EU in "offene Märkte" und vor negativen Konsequenzen für die Handelsbeziehungen zwischen EU und USA gewarnt.
"Google könne alle Dienste weiter betreiben"
In der Tat könnten die im Parlament diskutierten Vorschläge weitreichende Konsequenzen für Google haben. Der Resolutionsentwurf der konservativen EVP-Fraktion, an der der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab maßgeblich beteiligt war, könnte eine Aufspaltung des Konzerns nach sich ziehen. Google wird in dem Entwurf zwar nicht namentlich erwähnt, doch es liegt auf der Hand, dass es um Google geht. "Unbundling" lautet das Schlagwort in dem Text, der tagesschau.de vorliegt, zu Deutsch "Entflechtung".
Von "Zerschlagung" will der EU-Abgeordnete Schwab allerdings nicht reden. Das höre sich so an, als ob es Google dann nicht mehr gäbe, sagt er gegenüber tagesschau.de. Google könne aber seine Suchmaschine und auch die anderen Dienste weiter betreiben. "Nur rechtlich muss eine Entflechtung her, damit die Suchergebnisse künftig neutral sind", sagt Schwab. Für Google würde das bedeuten, dass die Suchmaschine von den anderen Diensten insofern getrennt werden müsste, dass es keine Absprachen oder Bevorzugung bei den Suchergebnissen gäbe.
Google soll Einblick in Suchalgorithmen gewähren
Auch der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht kritisiert die Praxis von Google scharf. "Für die Verbraucher ist es wichtig, dass Suchmaschinen wie Google neutral sind und keine privatwirtschaftlichen Schaufenster oder Werbeträger für bestimmte Produkte." Um das zu gewährleisten, müsse Google gegenüber den Aufsichtsbehörden endlich vollen Einblick in seine Suchalgorithmen gewähren. Diese politische Forderung liegt seit Jahren auf dem Tisch. Und aus Albrechts Sicht ist das nicht nur aus wettbewerbsrechtlichen Gründen, sondern auch wegen des Datenschutzes notwendig.
Seit mehr als vier Jahren läuft bereits ein Wettbewerbsverfahren gegen Google, in dem die Europäische Kommission prüft, ob der Internet-Gigant seine Marktmacht missbraucht. Bislang habe Google die Kommission in diesem Verfahren mehr oder weniger an der Nase herumgeführt, meint Jan Philipp Albrecht. Es sei höchste Zeit für eine härtere Gangart der Kommission gegenüber Google. "Wenn ein Unternehmen quasi Monopolstellung hat, muss es eben in Kauf nehmen, nicht alles aus einer Hand anbieten zu können."
Lambsdorff: "Fairer Wettbewerb notwendig"
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der EVP-Entwurf des Parlamentariers Schwab bei der Abstimmung am Donnerstag eine Mehrheit bekommt. Obwohl auch noch andere Entwürfe in der Diskussion sind. Der liberalen ALDE-Fraktion beispielsweise geht der EVP-Entwurf zu weit. Es sei nicht Aufgabe des EU-Parlaments der Europäischen Kommission das Ergebnis ihrer Untersuchung vorzugeben, meint der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff. "Wir wollen ebenfalls einen fairen Wettbewerb und fordern die Kommission dringend auf, das Verfahren gegen Google rasch zum Abschluss zu bringen", sagt er. "Das Ergebnis kann dann durchaus Entflechtung sein, wenn die Kommission feststellt, dass sie notwendig ist." Aber Abgeordnete hätten nicht die Möglichkeit, einen Missbrauch der Marktmacht festzustellen. Der ALDE-Vorschlag definiert deshalb lediglich das politische Ziel: Unverfälschte und transparente Indizierung, Bewertung, Darstellung und Reihenfolge der Suchergebnisse.
So oder so wird die verabschiedete Resolution des EU-Parlaments an die Kommission nicht bindend sein, sie hat lediglich Appellcharakter. Dennoch wird von ihr ein starkes politisches Signal ausgehen, das den Druck auf die Kommission im Wettbewerbverfahren gegen Google erhöht. Doch selbst wenn Google am Ende zur Entflechtung seiner Internetdienste verurteilt wird, kann der Konzern dagegen immer noch in Revision gehen. Die letzte Entscheidung liegt dann beim EuGH.