Hilfsprogramm läuft aus Gegenvorschlag aus Athen
Zuerst machte Brüssel ein Verhandlungsangebot, dann legte Athen einen Gegenvorschlag vor. Am Abend vereinbarten die Euro-Finanzminister, morgen weiter über Griechenlands Vorstoß zu beraten. Damit läuft das aktuelle Hilfsprogramm um Mitternacht aus.
Kurz vor Auslaufen des aktuellen Hilfsprogramms für ihr Land hat die griechische Regierung den internationalen Geldgebern ein weiteres Angebot unterbreitet. Im Kern beantragt die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras in einem Brief an die Eurogruppe ein weiteres Hilfsprogramm. Es soll nach den Regeln des im Oktober 2012 gestarteten dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM vereinbart werden. Griechenland bittet um einen auf zwei Jahre angelegten ESM-Kredit, eine sogenannte Stabilitätshilfe. Dabei gehe es um fast 30 Milliarden Euro, wie ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause berichtet.
Das Geld will die Regierung ausschließlich dafür nutzen, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, die sich zwischen 2015 und 2017 aus den Schulden im In- und Ausland ergeben. Allerdings sind solche Hilfen nach den ESM-Regeln nur zulässig, wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt und die der anderen Mitgliedsstaaten bedroht ist. Zudem wäre ein solches Programm ebenfalls mit strengen Auflagen verbunden, zu denen sich Tsipras in dem Brief mit keinem Wort äußert.
Alte Schulden neu strukturieren
Ein weiteres Element des neuen Vorschlags aus Athen ist die Forderung, die vorhandenen Schulden beim alten Euro-Rettungsschirm EFSF zu restrukturieren. Gemeint sind damit die Verbindlichkeiten aus dem zweiten, heute auslaufenden Griechenland-Rettungsprogramm, das über den EFSF läuft. Wie diese Restrukturierung aussehen könnte, ließ Tsipras zwar offen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der Vorschlag darauf hinausläuft, die Rückzahlungsfristen nochmals zu verschieben und möglicherweise die zu zahlenden Zinsen nochmals zu senken.
Dritter Bestandteil der Tsipras-Initiative ist eine Verlängerung des auslaufenden zweiten Hilfsprogramms "für einen kurzen Zeitraum, um sicherzustellen, dass keine technische Zahlungsunfähigkeit ausgelöst wird", bis das das neue Programm in Kraft ist, wie es in dem Papier aus Athen heißt.
Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister
Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, berief nach dem Eintreffen des offiziellen Antrags aus Athen eine Telefonkonferenz aller Euro-Finanzminister ein. Dabei vereinbarten die Ressortchefs, am Mittwoch weiter über den neuen griechischen Vorstoß zu beraten.
Merkel dämpft Hoffnungen
Kanzlerin Angela Merkel erklärte am Abend vor Abgeordneten der Union, Deutschland werde vor einem Referendum nicht über den neuen Antrag Griechenlands auf ein drittes Hilfspaket beraten. Auch der neue Vorschlag werde nichts mehr an dem Auslaufen des zweiten Griechenland-Hilfspakets beim ESM-Vorgänger EFSF um Mitternacht ändern.
Angebot aus Brüssel
Mit ihrem Vorschlag reagierte die griechische Regierung auf ein zuvor unterbreitetes Angebot aus Brüssel. Montagabend hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras einen Vorschlag für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen gemacht: Falls Tsipras noch heute das jüngste Geldgeber-Angebot für ein Sparpaket annehme und für ein "Ja" beim Referendum werbe, könne der Weg für ein weiteres Euro-Finanzministertreffen geebnet werden.
Nach Einschätzung von ARD-Brüssel-Korrespondent Christian Feld geht es der EU-Kommission mit ihrem neuen Angebot auch darum, sich gegen Vorwürfe zu wappnen, nicht alles unternommen zu haben. Aber selbst wenn es zu einer Einigung kommen sollte, sei die Zeit knapp, so Feld. Schließlich müsste ein Kompromiss ja noch vom griechischen Parlament und auch von verschiedenen Parlamenten der Geldgeber gebilligt werden - unter anderem vom Bundestag.
Regierung startet "Nein"-Kampagne
Zudem ist ein "Ja" der Regierungspartei zu den von den Institutionen vorgeschlagenen Sparprogrammen äußerst unwahrscheinlich. Die linke Regierungspartei Syriza startete bereits ihre Kampagne für das "Nein" beim Referendum am kommenden Sonntag.
Dagegen versammelten sich am Abend Tausende Befürworter des Verbleibs Griechenlands im Euroraum vor dem Parlament in Athen. Sie setzten sich für ein "Ja" zu den Vorschlägen der Geldgeber ein. Die Polizei sprach von 10.000 bis 12.000 Teilnehmern.
Auch international löst die Griechenland-Krise weiter Besorgnis aus. US-Präsident Barack Obama warnte davor, dass die jüngsten Entwicklungen nicht zu "Überreaktionen" führen dürften. Die Krise um das Land werde den USA keinen "größeren Schock" verpassen, sie sei aber schmerzhaft für die Griechen und könne das Wachstum in Europa beeinträchtigen.