Griechisches Parlament billigt Haushalt 2012 Breite Mehrheit für rigiden Sparkurs in Athen
Trotz Protests hat das griechische Parlament den Haushalt 2012 verabschiedet. Mit drastischen Kürzungen und Steuererhöhungen soll er dazu beitragen, dass Griechenland nicht noch tiefer in die Schuldenkrise rutscht und eine Staatspleite abwenden kann. In Athen hatten wieder Menschen gegen den Etat demonstriert.
Von Thomas Bormann, SWR-Hörfunkkorrespondent zzt. Athen
Um Mitternacht, kurz vor der Abstimmung im Parlament, rechnete Griechenlands neuer Ministerpräsident Lukas Papademos vor, wie stark die Griechen in den letzten Jahren über ihre Verhältnisse gelebt haben: "Die Staatsschulden sind in diesem Jahr auf 30.000 Euro für jeden einzelnen Griechen gewachsen. Es ist eindeutig: die steigende Tendenz muss sofort gestoppt werden." Der Haushalt 2012 bringe die Wende. Die Staatsausgaben werden geringer, die Einnahmen aber sollen steigen. "Wenn wir wieder stabile Verhältnisse in den Finanzen haben, führt das auch zu Wachstum und zu mehr Arbeitsplätzen", so Papademos.
Die Worte kamen an. 258 von 300 Abgeordneten stimmten für den Haushaltsplan. Die große Koalition in Griechenland funktioniert. Allerdings schränkte Antonis Samaras, der Parteichef der konservativen Nea Demokratia, ein: Er stimme zwar für den Haushalt, um die Staatsschulden zu senken. Er lehne aber viele der beschlossenen Sparmaßnahmen immer noch ab. Samaras hatte bis zum Oktober stets gegen Rentenkürzungen oder Steuererhöhungen gestimmt.
Finanzminister Evangelos Venizelos unterstrich, zum Sparhaushalt gebe es keine Alternative: "Ich rufe auf: Wer einen fundierten Vorschlag hat, wie wir mit den Renten und den Löhnen anders umgehen können, der melde sich. Und wer eine Idee hat, was wir an Stelle der Immobiliensteuer tun können, der liefere bitte eine andere Lösung."
Der Finanzminister und auch der Ministerpräsident wollen die Sparpolitik ohne Abstriche fortsetzen. Dazu zählt auch, etliche Staatsbetriebe an private Investoren zu verkaufen. Aber auch die privaten Gläubiger müssen noch dem Schuldenschnitt zustimmen - also auf die Hälfte des Geldes verzichten, das ihnen der griechische Staat schuldet. Da laufen noch die Verhandlungen. Der Schuldenschnitt ist aber schon in den Haushalt eingearbeitet. Nur so wird es gelingen, das griechische Staatsdefizit von derzeit 9 auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken.
Protest vor dem Parlament
Vor dem Parlamentsgebäude protestierten mehrere tausend Menschen gegen die Sparpolitik. Sie forderten, die schon beschlossenen Entlassungen von Staatsbediensteten und die Lohnkürzungen zurückzunehmen. Anlass der Demonstration war allerdings nicht die Sparpolitik, sondern der Jahrestag eines gewaltsamen Polizeieinsatzes, bei dem vor genau drei Jahren ein 15-jähriger Junge getötet wurde. Am Rande der Demonstration gestern warfen Randalierer Brandsätze und Steine auf Polizisten; die Polizei setzte Tränengas ein und beendete die Krawalle schnell.
Ministerpräsident Papademos ging im Parlament nicht auf die Proteste ein. Wohl aber auf den in Griechenland sehr populären Vorwurf, all die Sparmaßnahmen würden den Griechen vom Ausland diktiert, und zwar von der so genannten Troika - also der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds. Papademos, der selbst acht Jahre lang Vizepräsident der Europäischen Zentralbank war stellte klar: "Es ist wichtig zu verstehen, dass wir nicht von der Troika bevormundet werden, sondern: von unserer eigenen Geschichte." Einer Geschichte des hemmungslosen Schuldenmachens, unter der die Griechen noch lange leiden werden. Aber, so verspricht die Übergangsregierung von Papademos, der Haushalt 2012 stellt die Weichen, damit es mit Griechenland wieder aufwärts geht.