Vor Neuwahlen am 17. Juni Griechische Übergangsregierung vereidigt
Die 17 Mitglieder der griechischen Übergangsregierung haben ihren Amtseid abgelegt. Ministerpräsident Pikrammenos soll das Land bis zu den Wahlen am 17. Juni führen. Nun wird das am 6. Mai gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen, um sich in Kürze wieder aufzulösen.
Eine Übergangsregierung unter dem höchsten Richter des Verwaltungsgerichtshofes, Panagiotis Pikramenos, wird Griechenland bis zu den Neuwahlen führen, die am 17. Juni stattfinden sollen. Sein neues Kabinett zählt 16 Minister, die am Morgen ihren Amtseid geleistet haben.
Das wichtige Ressort der Finanzen übernimmt der Wirtschaftsexperte Georgios Zannias, ein hoher Beamter aus dem Finanzministerium. Er hat eng mit allen bisherigen Finanzministern zusammengearbeitet und Griechenland in den vergangenen Jahren bei allen wichtigen Treffen in der EU vertreten. Das Außenministerium übernimmt der 83-jährige Diplomat Petros Molyviatis, der dieses Amt bereits von 2004 bis 2006 inne hatte. Neuer Verteidigungsminister wird der ehemalige Generalstabschef Frangos Frangoulis.
Inzwischen ist das am 6. Mai gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammengekkommen. Es bestimmt einen neuen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, der das Parlament in den kommenden Tagen wieder auflösen wird, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die Parteien haben sich geeinigt, dass alle 300 Abgeordneten für diese kurze Amtszeit komplett auf Abgeordnetendiäten verzichten.
Viel Macht hat Pikramenos laut Verfassung bis dahin nicht: Der Chef der Übergangsregierung soll vor allem für die einwandfreie Durchführung der Wahlen sorgen, nur in Notfällen kann er den Staatsapparat mobilisieren. Neue Gesetze können während seiner Regierungszeit nicht verabschiedet werden. "Ich hoffe, nach mir kommen bessere Zeiten für unser Land", sagte Pikramenos.
Er wolle seinem Namen alle Ehre machen und der letzte Regierungschef einer bitteren Ära für sein Land sein - Pikrammenos bedeutet auf Griechisch "bitter".
Keine Einigung auf Regierung
Die Versuche des Staatspräsidenten, eine stabile Regierung zu bilden, waren zuvor endgültig gescheitert. Die Gegner des bisherigen Sparkurses hatten sich beharrlich geweigert, einer Koalition zur Fortführung der Sparmaßnahmen beizutreten. Der Sparkurs ist aber die geforderte Gegenleistung der Rettungspakete der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds für das hoch verschuldete Land. Ohne diese Unterstützung droht Griechenland bereits im Juni der Staatsbankrott.
Sorge der Partner wächst
Unter den europäischen Partnern und an den Finanzmärkten wachsen die Befürchtungen, dass bei den Neuwahlen die Kritiker und Gegner des Sparkurses die Oberhand gewinnen. Dies könnte auch den Austritt Griechenlands aus der Eurozone zur Folge habe. Dagegen gehen viele Griechen weiter davon aus, dass das Land seine Vereinbarungen aufkündigen und trotzdem im Währungsraum bleiben kann. Das verspricht insbesondere das radikale Linksbündnis Syriza, das nach seinem Überraschungserfolg bei den Wahlen Anfang des Monats in Meinungsumfragen vorne liegt.
Der Syriza-Vorsitzende, Alexis Tsipras, griff die Europäische Union und Bundeskanzlerin Angela Merkel derweil scharf an. "Wenn die Krankheit des Sparens Griechenland zerstört, wird sie sich auf ganz Europa ausbreiten", sagte er der BBC. Die Banken verdienten Geld zulasten der Bürger. "Daher müssen die europäische Führung und besonders Frau Merkel aufhören, mit dem Leben der Menschen Poker zu spielen", sagte Tsipras.
Die EU-Kommission forderte wie zuvor die Eurogruppe den Verbleib Griechenlands in der Eurozone. "Griechenland ist ein Teil unserer Familie", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Entscheidung, in der Eurozone zu bleiben, müsse jedoch auch von der griechischen Bevölkerung selbst kommen, sagte Barroso mit Blick auf die Neuwahlen. Auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, wünscht sich den Verbleib Griechenlands in der Eurozone. Es sei die "starke Präferenz" der EZB, dass Griechenland Mitglied der Eurozone bleibe, sagte er.
Sparer heben große Summen ab
Die Finanzkrise und der drohende Austritt des Landes aus der Eurozone versetzen offenbar auch die Bürger des Landes zunehmend in Angst. Viele Sparer hoben Geld bei den Banken ab. Allein am Montag sollen es bis zu 800 Millionen Euro gewesen sein. Das geht aus Protokollen der Verhandlungen hervor, die Präsident Papoulias mit den Vorsitzenden der Parteien im Zuge der Suche nach einer neuen Regierung geführt hatte.
Papoulias berief sich dabei auf Aussagen des Notenbank-Chefs Giorgos Provopoulos. Dieser habe bis zum Montagnachmittag Geldabflüsse von 700 Millionen Euro registriert. Für den gesamten Montag gehe der Notenbank-Chef "von Abflüssen in Höhe von rund 800 Millionen Euro aus", erklärte Papoulias demnach. "Herr Provopoulos sagte mir, es gebe keine Panik, aber es gebe eine große Angst, die sich zu einer Panik entwickeln könne." Aus zwei griechischen Banken verlautete, die Abflüsse am Dienstag hätten in etwa dasselbe Niveau wie am Montag erreicht.
Die Griechen ziehen bereits seit Monaten kontinuierlich Geld aus den Kreditinstituten ab. Nach Notenbank-Daten summierten sich die Bankeinlagen von Firmen und Verbrauchern Ende März auf 165 Milliarden Euro. Das sind 72 Milliarden Euro weniger als im Januar 2010. Schlangen vor den Bankschaltern in Athen waren bislang aber nicht zu sehen. Auch in dieser Woche sei die Lage in den Filialen ruhig, berichtete ARD-Korrespondent Peter Dalheimer. Von Panik sei nichts zu spüren, wohl aber von Sorgen. Dalheimer verwies zudem darauf, dass auch die Einkommensverluste infolge der Krise dazu führen, dass viele Griechen auf Teile ihrer Ersparnisse aufbrauchen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Weitere Unterstützung für griechische Banken
Zur Unterstützung der griechischen Banken seien 18 Milliarden Euro auf ein Sonderkonto der Zentralbank in Athen überwiesen worden, teilte die Regierung laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens mit. Diese Geld stamme aus dem zweiten Rettungspaket der Euro-Partner in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro, das über den Euro-Rettungsschirm EFSF in mehreren Tranchen ausgezahlt werden soll.
Auch ein Sprecher der Europäischen Zentralbank (EZB) stellte den griechischen Banken weitere Unterstützung in Aussicht. Er widersprach damit einem Bericht der niederländischen Zeitung "Het Financieele Dagblad". Darin hieß es, die EZB sei zu der Überzeugung gekommen, dass die Institute in einem zu schlechten Zustand seien, um weiterhin Geld der EZB zu bekommen.