Geplantes Referendum der Griechen Zur Wahl zwischen Pest und Cholera verdammt
Als Reaktion auf den Referendums-Plan von Ministerpräsident Papandreou ist dessen knappe Regierungsmehrheit weiter zusammengeschmolzen. Zu diesem Thema tagt nun der Ministerrat in Griechenland. Viele Beobachter halten einen Rücktritt der Regierung für möglich. Andere sind der Ansicht, dass die Regierung erst am kommenden Freitag fallen könnte, wenn die Vertrauensfrage im Parlament gestellt wird.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Viele Griechen sind ratlos: eine Volksabstimmung zum Rettungspaket und zu den Sparmaßnahmen? Diese Ladenbesitzerin schüttelt darüber nur den Kopf. "Der ruft zur Volksabstimmung auf, nachdem alles entschieden ist. Was soll das?", fragt sie mit Blick auf die Pläne von Ministerpräsident Giorgos Papandreou.
Ein Pensionär klagt: "Wie sollen wir denn abstimmen - wir haben doch nur die Wahl zwischen Pest und Cholera." Aus seiner Sicht bedeutet das: "Wenn wir für das Rettungspaket von EU und Währungsfonds stimmen, sind wir verdammt. Wenn wir zur Drachme zurückgehen, sind wir auch verdammt." Die Volksabstimmung hätte seiner Meinung nach stattfinden müssen, bevor Griechenland Hilfe bei der EU und beim Internationalen Währungsfonds beantragt habe.
Volk soll Sparkurs absegnen
Aber Ministerpräsident Papandreou ist es offenbar leid, immer wieder gegen die Demonstranten, gegen die Opposition und teils auch gegen die eigene Partei neue Sparpakete durchs Parlament zu boxen. Jetzt will er vom ganzen griechischen Volk gewissermaßen den Segen für seinen harten Sparkurs bekommen. Zusammen mit Finanzminister Evangelos Venizelos appellierte Papandreou an sein Volk, dem Rettungspaket und den Sparbeschlüssen zuzustimmen.
"Ein Nein würde uns zurückwerfen in die 1950er- oder 1960er-Jahre", meinte der Finanzminister. Er stellte klar: Bei einem Nein bekäme Griechenland keine neuen Hilfskredite, wäre somit pleite und flöge aus der Eurozone hinaus.
Dass die Regierung genau diese Möglichkeit riskiert, nämlich eine Niederlage in einer Volksabstimmung, das bringt die Opposition auf die Palme. Der Chef der konservativen "Nea Demokratia", Antonis Samaras meint: "Papandreou will seine Haut retten und bringt uns damit in ein Dilemma. Er erpresst uns - mit der Folge, dass unsere Zukunft in Gefahr ist und unsere Position in der EU in Frage steht." Samarras fordert Neuwahlen - und zwar sofort, damit eine neu gewählte Regierung Griechenland aus der Krise führt.
Papandreou stellt Vertrauensfrage
Zunächst aber wird sich das griechische Parlament schon morgen zu einer Marathon-Sitzung versammeln und dann in der Nacht von Freitag auf Samstag über die Vertrauensfrage von Ministerpräsident Papandreou entscheiden. Das Parlament soll über den Sparkurs und über den Plan für eine Volksabstimmung entscheiden. So will es Ministerpräsident Papandreou.
Aber seine Mehrheit bröckelt. Am Morgen hatte Papandreous sozialdemokratische Partei, die Pasok, noch eine Mehrheit von drei Sitzen im Parlament. Jetzt sind es nur noch zwei. Denn eine Pasok-Abgeordnete verließ aus Protest die Fraktion und eine weitere äußerte ebenfalls öffentlich Kritik an der geplanten Volksabstimmung. Es wird also knapp werden bei der Vertrauensabstimmung in der Nacht zum Samstag. Wenn Papandreou die Vertrauensfrage verliert, dann hätte Griechenland am Wochenende keine Regierung mehr. Zur Schuldenkrise käme dann eine Regierungskrise hinzu.