Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforscher Mehr Konsum dank hoher Tarifabschlüsse?
Die im Vergleich zu den Vorjahren deutlichen Lohnerhöhungen in mehreren Branchen werden nach Ansicht der führenden Wirtschaftsforscher zu mehr Konsum führen. Für das kommende Jahr rechnen sie zudem mit weiteren Lohnerhöhungen - bei zurückgehender Teuerungsrate.
Die jüngsten Tarifabschlüsse in Deutschland werden die Kauflaune nach Ansicht der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute beleben. Die Forscher rechnen damit, dass die Konsumausgaben der privaten Haushalte 2008 um 0,8 Prozent zulegen werden, nachdem sie im Vorjahr noch um 0,4 Prozent zurückgegangen waren. 2009 werde es voraussichtlich ein weiteres Plus um 1,2 Prozent geben, heißt es im Frühjahrsgutachten für die Bundesregierung.
In den Lohnrunden des Jahres 2008 seien zum Teil deutlich höhere Abschlüsse erzielt worden als in den vergangenen Jahren. "Auch für die noch ausstehenden Verhandlungen sind merklich höhere Abschlussraten zu erwarten als 2007", schreiben die Forscher. Allerdings wird in diesem Jahr nur für rund die Hälfte aller Arbeitnehmer in Tarifrunden verhandelt. Den Anstieg der Tariflöhne veranschlagen die Experten auf im Schnitt 2,2 Prozent. "Im kommenden Jahr dürften die Tariflöhne bei wohl ähnlich hohen Abschlussraten wie in diesem Jahr stärker steigen, da dann einige der Verträge dieses Jahres nachwirken."
Inflationsrate soll 2009 unter zwei Prozent sinken
Den Verbrauchern werde auch deshalb mehr Geld in der Tasche bleiben, weil der Preisdruck allmählich nachlasse. Allerdings werde der Preisschub bei Energie in den kommenden Monaten zunächst nachwirken. Im Jahresdurchschnitt sehen die Institute ein Anziehen der Lebenshaltungskosten um 2,6 Prozent. Wegen der Teuerungswelle bei Energie und Nahrungsmitteln waren die Verbraucherpreise zuletzt um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im nächsten Jahr werde die Inflationsrate in Deutschland mit 1,8 Prozent deutlich geringer ausfallen, heißt es in der Prognose.
Die meisten Details aus dem Gutachten der führenden Prognoseinstitute waren bereits bekannt. Demnach rechnen die Experten mit einem Anstieg des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,8 Prozent. Die Prognose aus dem Herbstgutachten von 2,2 Prozent Wachstum wurde damit deutlich reduziert. Im kommenden Jahr rechnen die Institute noch mit einem Wachstum von 1,4 Prozent. Dennoch könnte erstmals seit 1992 die Zahl der registrierten Arbeitslosen unter die Drei-Millionen-Marke fallen. Eine Kernbotschaft des Gutachtens lautet, dass die Risiken für die Konjunktur zwar groß seien, die deutsche Wirtschaft sich aber bisher robust gezeigt habe. Daher sei auch eine Rezession in Deutschland nicht zu erwarten.
Finanzmarktkrise lässt Prognosen sinken
Wegen der Finanzmarktkrise hatten bereits mehrere Institute ihre Prognosen nach unten korrigiert. Der Internationale Währungsfonds senkte die Wachstumserwartungen für Deutschland am deutlichsten: Die IWF-Experten rechnen nur noch mit einem Plus von 1,4 Prozent in diesem und 1,0 Prozent im kommenden Jahr. Die Bundesregierung legt in der kommenden Woche ihre neue Wachstumsprognose vor. Bislang geht sie für 2008 von einem Plus von 1,7 Prozent aus.
Die jeweiligen Frühjahrs- und Herbstgutachten der Institute werden seit 1950 im Auftrag der Regierung vorgelegt. Neuerdings sind auch ausländische Ökonomen beteiligt. Das aktuelle Frühjahrsgutachten wurde von den acht Instituten IfW (Kiel), Ifo (München), IWH (Halle), RWI (Essen), IMK (Düsseldorf), KOF (Zürich) sowie Wifo und IHS (beide Wien) erstellt.