Entscheidung der Hauptversammlung Hypo Real Estate wird vollständig verstaatlicht
Ein Jahr nach der spektakulären Rettung der maroden Hypo Real Estate kann der Bund die Bank komplett übernehmen. Auf einer turbulenten Hauptversammlung setzte er mit seiner Mehrheit durch, die noch verbleibenden Kleinaktionäre gegen eine Zwangsabfindung aus dem Unternehmen zu drängen. Die wehrten sich massiv - aber erfolglos.
Der Bund hat den Weg zur vollständigen Verstaatlichung der Immobilienbank Hypo Real Estate frei gemacht. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in München stimmten 94,73 Prozent des anwesenden Kapitals für den sogenannten Squeeze-Out, also die zwangsweise Abfindung der letzten freien Aktionäre. Der Ausgang der Abstimmung war angesichts einer Aktienmehrheit des Bundes von 90 Prozent allerdings von vornherein klar. Die Übertragung der Aktien soll nun in den kommenden Tagen erfolgen. Danach will der Bund den Konzern von der Börse nehmen.
Der "schwärzeste Tag für die Demokratie in Deutschland"?
Der Entscheidung waren wütende Proteste von Kleinanlegern vorangegangen. Aktionärsschützer und Kleinanleger halten die Abfindung von 1,30 Euro pro Aktie für zu niedrig und fordern ein Vorkaufsrecht, wenn die Bank in einigen Jahren an die Börse zurückkehren sollte. Zu einer Abstimmung über eine spätere Wiederbeteiligung der Altaktionäre an der HRE war das Unternehmen nicht bereit. So etwas liege nicht in der Kompetenz von Vorstand oder Hauptversammlung.
Protestplakate von HRE-Aktionären
Die Betroffenen machten ihrem Ärger deutlich Luft. Daniela Bergdolt, Landeschefin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte: "Anscheinend hat man die Grundzüge unseres Rechtsstaates vollständig vergessen." Bergdolt kündigte für die DSW eine Klage an, die den Altaktionären unter anderem ein Rückerwerbsrecht für Aktien sichern soll. Ein Aktionär warnte, der 5. Oktober könne zum schwärzesten Tag für die Demokratie in Deutschland werden. "Das ist einem Rechtsstaat unwürdig." Andere sprachen von "Verschwörung", "Diebstahl" und "Schande".
Der staatliche Bankenrettungsfonds SoFFin, der im Auftrag des Bundes, zuvor bereits 90 Prozent der HRE-Aktien übernommen hatte und nun die verbliebenen Aktionäre aus dem Unternehmen drängte, verteidigte die Komplettverstaatlichung. Der Schritt sei notwendig, um die HRE langfristig zu stabilisieren, erklärte der SoFFin am Morgen nach der Hauptversammlung.
HRE will weitere Milliarden vom Bund
Unterdessen wurde bekannt, dass die bereits mit Milliardenhilfe des Staates gestützte HRE weitere finanzielle Unterstützung des Bundes verlangt. Auf Grundlage der bisherigen sowie künftigen Verluste "gehen wir bei unserer Planung von einem Kapitalbedarf von insgesamt zehn Milliarden Euro aus", sagte HRE-Chef Axel Wieandt auf der Hauptversammlung. Davon seien drei Milliarden Euro bereits geflossen. Die zusätzlichen sieben Milliarden Euro nannte er "nicht nur angemessen, sondern notwendig."
Keine Rückzahlung vor 2015
Wieandt stellte zugleich klar, dass die Bank die Staatshilfen laut derzeitiger Planung nicht vor 2015 zurückzahlen könne. Nach seinen Angaben nahm die HRE zum Stichtag 30. September insgesamt rund 78 Milliarden der zur Verfügung stehenden 98 Milliarden Euro Liquiditätshilfen in Anspruch. Die Fortführung des Konzerns sei auf absehbare Zeit nur mit Hilfe von außen möglich.
HRE-Chef Wieandt sieht keine Alternative zur Verstaatlichung.
Bis 2011 seien weitere Milliardenverluste absehbar. Allein Abschreibungen auf Forderungen und Wertpapiere vor allem aus der Immobilienfinanzierung verursachten von 2009 bis 2011 einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro. Dazu kämen Kosten von 1,5 Milliarden Euro für die Hilfen des Bundes. "Wir gehen weiterhin nicht davon aus, dass wir vor 2012 wieder in die Gewinnzone zurückkehren können", sagte Wieandt.