Kreditzinsen stark gestiegen Märkte setzen Italien und Spanien immer stärker unter Druck
Hektische Betriebsamkeit in Brüssel, Rom und Madrid. Zwar bemühen sich die Akteure, die Höchststände der Risikioaufschläge italienischer und spanischer Staatsanleihen klein zu reden, aber die Märkte beeindruckt das wenig. Die Bundesregierung glaubt dagegen an den Erfolg der Sparpakete beider Länder.
Nur zwei Wochen nach dem Euro-Gipfel zur Rettung Griechenlands rücken jetzt erneut die Sorgenkinder Italien und Spanien in den Fokus. Die Anleger am Anleihemarkt haben für die beiden Länder mittlerweile einen Zins von sieben Prozent auf zehnjährige Staatspapiere im Visier. Diese Entwicklung sei angesichts der wirtschaftlichen Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt, sagte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Der Zinsanstieg signalisiere aber, dass die Märkte die Kapazität der Euro-Zone in Zweifel zögen, die Schuldenkrise zu bewältigen.
Van Rompuy: Bewertung am Markt "lächerlich"
Auch EU-Ratspräsident Herman van Rompuy zeigte sich "überrascht" über die Rekord-Renditen bei italienischen und spanischen Staatsanleihen. Die jüngsten Marktturbulenzen seien nicht nachvollziehbar und die Bewertung am Markt für Kreditderivate "lächerlich", schrieb er in einem Kommentar auf seiner Website. Es sei unverständlich, dass die Marktteilnehmer beide Staaten zu den drei wahrscheinlichsten Pleiteländern zählten.
Die Bundesregierung sieht keinen Grund zur Beunruhigung. Der Sprecher des Finanzministeriums erklärte, er erwarte, dass die umfangreichen Sparprogramme Italiens und Spaniens die Märkte überzeugten.
Telefonleitungen glühen
Dennoch gab es intensive Beratungen. Eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel bestätigte, dass EU-Währungskommissar Olli Rehn mit Italiens Finanzminister Giulio Tremonti telefoniert habe. Bei dem Gespräch sei es um die aktuelle Lage an den Finanzmärkten gegangen und um mögliche Schritte gegen eine Ausbreitung der Schuldenkrise. Tremonti bezeichnete das Gespräch als sehr fruchtbar.
Tremonti war für ein Krisengespräch nach Luxemburg gereist, um dort den Vorsitzenden der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, persönlich zu treffen. Bereits gestern hatte Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero in einem Telefonat Barroso über die Sparschritte seines Landes informiert.
Hätte der Rettungsfonds genügend Geld?
Anleger befürchten, dass Italien und Spanien ohne Hilfe der Gemeinschaft ihre Schulden nicht mehr in den Griff kriegen. Zugleich warnen Analysten davor, dass der europäische Rettungsfonds EFSF nicht über genügend Mittel verfügt, sollten die Länder Hilfe brauchen. Schon die bisherigen Verpflichtungen des EFSF belaufen sich auf mindestens 142 Milliarden Euro; womit lediglich 298 Milliarden für neue Hilfseinsätze übrig bleiben. Ein Rettungspaket für Spanien könnte nach Schätzung von Deutsche-Bank-Volkswirt Gilles Moec mehr als 290 Milliarden Euro kosten. Für Italien veranschlagt er fast 490 Milliarden Euro. Mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds könnte der EFSF mit seinem derzeitigen Spielraum somit wohl die Rechnung für Spanien zahlen, aber nicht die für Italien.
Italien hat Schulden von mehr als 1,8 Billionen Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt der Schuldenstand Italiens bei 119 Prozent - nur Griechenland (158 Prozent) kommt der EU-Kommission zufolge auf mehr. Spanien hat Kredite in Höhe von 639 Milliarden Euro, was einer Schuldenquote von 60 Prozent entspricht.