Interview

Kinder- und Jugendkonsumverhalten "Kinder müssen auch Fehler machen"

Stand: 07.08.2012 13:22 Uhr

Wieviel Geld haben Kinder - und wofür geben sie es aus? Damit beschäftigt sich die Kids-Verbraucheranalyse. Wichtig ist, dass Kinder ihr Taschengeld auch mal für Unfug ausgeben, erklärt Marktforscher Axel Dammler im tagesschau.de-Interview. Denn die Fehler in der Jugend, werden als Erwachsener vermieden.

tagesschau.de: Woher kommt denn das Geld, dass den Kindern zur Verfügung steht?

Axel Dammler: Der Großteil, also etwas mehr als die Hälfte, kommt tatsächlich noch von den Eltern - das ist dann das klassische Taschengeld. Der Rest verteilt sich recht gleichmäßig auf Geldschenke von Verwandten aber auch andere Zuwendungen der Eltern wie beispielsweise für das Zeugnis oder aber zum Geburtstag.

Zur Person

Axel Dammler hat Kommunikationswissenschaft studiert und ist seit 1992 als Jugendforscher tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er diverse Studien für Kunden aus den verschiedensten Branchen erstellt. Seit 1999 ist er Geschäftsführer von iconkids & youth, einem Spezialinstitut für Kinder- und Jugendforschung.

tagesschau.de: Und wofür wird das Geld ausgegeben?

Dammler: Das ändert sich im Altersverlauf. Bei den Jüngeren, bei den Sechs- bis Siebenjährigen, wird der Großteil tatsächlich für Süßigkeiten und Spielzeug ausgegeben. Wenn Kinder älter werden dann, kommen auch Themen wie Mode oder Schmuck und Accessoires dazu. Spielzeug verliert dann eher an Bedeutung. Stattdessen wird auch Geld für Getränke oder ein Besuch im Fast-Food-Restaurant ausgegeben.

tagesschau.de: Zeigt sich denn eine Tendenz zu den vielgenannten "Konsumkids", oder wird auch etwas auf die hohe Kante gelegt?

Dammler: Es wird auch gespart. Aber man muss ganz klar sagen, dass das Taschengeld dafür gedacht ist, dass es ausgegeben wird. Denn schließlich sollen die Kinder ja Konsumerfahrungen machen.

tagesschau.de: Wie sieht es aus mit der Euro-Krise? Ist das bei Kindern schon ein Thema?

Dammler: Genau diese Frage haben wir schon bei einer Studie vor zwei Jahren gestellt. Und dabei hat sich gezeigt, dass die Kinder davon noch gar nichts mitbekommen haben. Denn bei den Kindern wird immer erst zuletzt gespart. Und auch jetzt hat sich gezeigt, dass dies noch kein wirkliches Thema ist. Letztendlich handelt es sich ja auch bei der Euro-Krise um eine eher virtuelle Krise. Davon bekommen auch viele Erwachsenen in ihrem täglichen Leben relativ wenig mit. Dem Arbeitsmarkt geht es nach wie vor prächtig, die Gehälter steigen und dementsprechend kommt von der Krise auch bei den Kindern nichts an.

tagesschau.de: Wie entwickelt sich denn der wirtschaftliche Status von Kinder, werden sie als Zielgruppe für die Industrie immer interessanter?

Dammler: Das originelle ist, dass die Zielgruppe immer kleiner wird, denn wir haben ja im Schnitt immer weniger Kinder. Aber pro Kind wird auch immer mehr Geld ausgegeben. Und so balgen sich immer mehr Unternehmen um immer mehr Budget von immer weniger Kindern.

tagesschau.de: Das bedeutet, dass die Unternehmen auch immer ausgefeiltere Werbestrategien entwickeln müssen. Lassen sich die Kinder denn davon verführen?

Dammler: Letztendlich ja. Wenn man mit den richtigen Angeboten lockt - oder wie es im marketingdeutsch so schön heißt - die Kinder abholt. Wenn man die Kinder mit den richtigen Produkten und Signalen erreicht, dann sind sie für den Konsum sehr aufgeschlossen.

tagesschau.de: Gibt es auch den Trend, dass Kinder lernen, mit den Verlockungen der Industrie besser umzugehen?

Dammler: Das ist ein Prozess. Kinder müssen auch mal die Erfahrung machen, dass sie ihr Geld für etwas ausgeben haben, was dann nachher nichts getaugt hat. Das ist ein normaler Lernprozess, weswegen Kinder auch Taschengeld brauchen. Und wenn es gut geht, dann haben sie mit sechs oder acht Jahren die Fehler gemacht, die sie dann mit 18 oder 19 Jahren nicht mehr machen.

tagesschau.de: Gibt es denn nun den Trend zu den Konsumkids, die einfach immer nur kaufen wollen? Oder ist es bei den heutigen Kindern letztendlich auch nicht anders, als es bei uns war?

Dammler: Es ist schon so, dass die Kinder von heute mehr Geld zur Verfügung haben. Und damit ist die Konsumneigung tatsächlich etwas höher, als sie es noch vor 20 oder 30 Jahren war. Dementsprechend müssen die Eltern natürlich auch aufpassen, dass die Kinder nicht mehr Geld haben, als sie auch kontrolliert ausgeben sollten.

Die Fragen stellte Gerrit Derkowski, tagesschau 24