Ein Mitarbeiterin arbeitet bei MTU Maintenance Berlin-Brandenburg an einem Antrieb.

Erneute Rezession Deutsche Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft

Stand: 15.01.2025 11:19 Uhr

Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Neben hohen Energiekosten und einem erhöhten Zinsniveau hat auch die zunehmende Konkurrenz für die deutsche Exportwirtschaft eine Erholung verhindert.

Deutschlands Wirtschaft ist im vergangenen Jahr erneut in die Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. 2023 hatte es bereits einen Rückgang von 0,3 Prozent gegeben. Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es zuletzt 2002/03.

"Konjunkturelle und strukturelle Belastungen standen im Jahr 2024 einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung im Wege", erklärte Behördenchefin Ruth Brand. "Dazu zählen zunehmende Konkurrenz für die deutsche Exportwirtschaft auf wichtigen Absatzmärkten, hohe Energiekosten, ein nach wie vor erhöhtes Zinsniveau, aber auch unsichere wirtschaftliche Aussichten", so Brand weiter.

Viele Branchen von Unsicherheit betroffen

Ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur im abgelaufenen Jahr gleich von mehreren Seiten. Der angesichts steigender Reallöhne erwartete Konsumboom der Verbraucher blieb aus, weil die Kaufkrafteinbußen während der Vorjahre noch nicht wieder wettgemacht wurden. Zudem nimmt die Arbeitsplatzsorge vieler Deutscher wieder zu, die deshalb nach wie vor oft sparen.

Auch die Baubranche kämpft noch immer mit einer schwachen Nachfrage, da für viele potenzielle Bauherren der Traum von den eigenen vier Wänden wegen der hohen Finanzierungs- und Materialkosten platzte. Den Exporteuren wiederum macht die schwache Nachfrage aus China zu schaffen. Hinzu gesellten sich politische Unsicherheiten - vom russischen Krieg gegen die Ukraine bis hin zu den haushaltspolitischen Turbulenzen in der Bundesregierung und dem Platzen der Ampel-Regierung.

Ungewisse politische Lage belastet

Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank betont mit Blick auf die Daten: "Unter dem Strich sind Privathaushalte und Unternehmen weiterhin mächtig verunsichert. Neben der Anpassung von Standortbedingungen ist vor allem auch ein Mentalitätsproblem zu bewältigen."

Denn der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl im Februar lässt nun viele Firmen mit Investitionen zögern, weil die künftigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen unklar sind. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft fiel zum Jahreswechsel so schlecht aus wie seit der Coronakrise nicht mehr, wie das Münchner ifo-Institut bei seiner Dezember-Umfrage unter rund 9.000 Führungskräften herausfand. "Die Schwäche der deutschen Wirtschaft ist chronisch geworden", sagte ifo-Präsident Clemens Fuest.

Deutsches Staatsdefizit ebenfalls gestiegen

Die maue Konjunktur dämpfte im vergangenen Jahr auch die öffentlichen Finanzen. Der deutsche Staat verzeichnete 2024 eine höhere Neuverschuldung. Die Ausgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherung überstiegen die Einnahmen um 113 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. "Das waren etwa 5,5 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2023", hieß es.

Die Summe entspricht einem Defizit von 2,6 Prozent des BIP. 2023 war es genauso hoch ausgefallen. "Die Länder, Gemeinden und die Sozialversicherung erhöhten ihr Finanzierungsdefizit", erklärten die Statistiker. "Dies lag in erster Linie an höheren Ausgaben für Renten und Pensionen." Erheblich mehr wurde auch für das Pflege- und für das Bürgergeld ausgegeben. Der Bund allein konnte sein Defizit gegen den Trend deutlich verringern, und zwar von rund 95 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf nunmehr gut 59 Milliarden Euro.

Aussichten bleiben trüb

Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben allerdings trüb: Für das laufende Jahr rechnen die meisten Ökonomen nun bestenfalls mit einem leichten Wachstum. Die Bundesbank hat ihre Prognose für die deutsche Wirtschaft bereits gesenkt und rechnet für 2025 nur mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Der Sachverständigenrat ("Wirtschaftsweise") erwartet ein Plus von 0,4 Prozent.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft 2025 so langsam wachsen wird wie keine andere Industrienation. "Schaut man auf die letzten 60 Jahre zurück, ist Deutschland auf dem Weg, in diesem Jahrzehnt so langsam wie nie zuvor zu wachsen", kommentierte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, die Entwicklung. "Von 2020 bis 2024 steht lediglich eine Expansion der Wirtschaftsleistung von rund einem halben Prozent zu Buche."

Zumal die Konjunkturschwäche zu Jahresbeginn weiter anhalten dürfte. Dafür sprechen die Auftragsflaute in der Industrie und in der Bauwirtschaft, aber auch die schlechte Konsumstimmung der Verbraucher.

Wirtschaft auch im Schlussquartal 2024 geschrumpft

Ins neue Jahr mit der anstehenden Bundestagswahl geht Deutschland ohne Rückenwind. Auch im vierten Quartal 2024 ist Europas größte Volkswirtschaft nach einer ersten Schätzung der Statistiker preis-, saison- und kalenderbereinigt voraussichtlich um 0,1 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Das geht aus einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes hervor, die laut auf einer "unvollständigen Datenbasis" beruht und daher noch mit höherer Unsicherheit behaftet sei. Details sollen am 30. Januar bekanntgegeben werden.

Deutschland-Chefvolkswirts Robin Winkler betont, dass diese Daten, sollten sie sich bestätigen, ein weiterer Grund zur Sorge sein: "Was uns allerdings überrascht und Sorge bereitet, ist, dass die Wirtschaftsleistung laut Statistischem Bundesamt im vierten Quartal wahrscheinlich rückläufig war. Falls sich dies bestätigen sollte, hätte die deutsche Konjunktur zu Beginn des Winters nochmal an Schwung verloren."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. Januar 2025 um 11:00 Uhr.