Überraschend kräftiges Auftragsplus Hoffnungszeichen aus der deutschen Industrie
Die deutsche Industrie hat im August deutlich mehr Aufträge erhalten als erwartet. Gegenüber dem Vormonat erhöhten sich die Bestellungen um 3,9 Prozent. Offenbar ist der Abwärtstrend vorerst gestoppt.
Nach dem stärksten Einbruch seit über drei Jahren hat die deutsche Industrie zuletzt wieder deutlich mehr Aufträge eingesammelt. Das Neugeschäft kletterte im August um 3,9 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit plus 1,8 Prozent gerechnet.
Im Juli waren die Aufträge wegen eines statistischen Effekts durch Großaufträge im Juni noch um revidiert 11,3 Prozent gesunken. Das war das größte Minus seit Beginn der Corona-Krise im April 2020.
Konjunktur-Erholung zum Jahreswechsel erwartet
"Der lange Abwärtstrend beim Auftragseingang scheint vorerst gestoppt zu sein", sagte Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Gleichzeitig schränkte er jedoch mit Blick auf die schwache globale Konjunktur ein: "Die Durststrecke im Verarbeitenden Gewerbe wird wohl anhalten."
Auch ohne Großaufträge, die das Neugeschäft oft verzerren, gab es im August ebenfalls ein Plus von 3,9 Prozent. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich lag der Auftragseingang von Juni bis August nun um 4,9 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor.
Die Stimmungsindikatoren signalisierten, "dass die Industriekonjunktur im dritten Quartal ihre Talsohle erreicht haben könnte", hieß es vom Bundeswirtschaftsministerium. "Zum Jahreswechsel 2023/24 dürfte dann eine schrittweise konjunkturelle Erholung einsetzen."
Umfeld bleibt schwierig
In den kommenden Monaten dürfte die Industrieproduktion allerdings noch sinken - "zumal die Unternehmen Umfragen zufolge die während Corona liegen gebliebenen Aufträge mittlerweile abgearbeitet haben", erklärte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. "Ich erwarte für das zweite Halbjahr weiter ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft."
Steigende Zinsen und hohe Energiepreise dämpfen derzeit die Nachfrage der heimischen Wirtschaft. "Für das deutsche Verarbeitende Gewerbe ist das derzeitige Umfeld alles andere als ein Zuckerschlecken", so Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zum einen seien wichtige Auslandsmärkte angeschlagen, zum anderen auch die hohen Energiepreise weiter eine schwerwiegende Belastung. Zumindest gebe es nun "gewisse Stabilisierungstendenzen".
"Ein weiterer deutlicher Absturz der Industrie scheint sich nicht abzuzeichnen", so der Experte. Das zeigen auch die neuesten Daten: So stiegen die Bestellungen aus dem Inland im August um 4,0 Prozent zum Vormonat. Die Auslandsnachfrage erhöhte sich um 3,9 Prozent und damit genauso stark wie die aus der Eurozone und die von außerhalb der Währungsunion.