Hintergrund

Stichwort Dezentrale Zwischenlager an Atomkraftwerken

Stand: 24.08.2007 21:57 Uhr

Insgesamt zwölf dezentrale Zwischenlager an Atomkraftwerken hat das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Trotz Protests von Umweltschützern werden voraussichtlich auch alle in Betrieb genommen werden. Das Aus der Atomtransporte nach Gorleben bedeutet dies aber nicht. Warum?

Die derzeit vielerorts im Bau befindlichen Standortzwischenlager oder dezentralen Zwischenlager an Atomkraftwerken sind Resultate der Atom-Ausstiegsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energiekonzernen aus dem Jahr 2000. Darin ist festgeschrieben, dass Kraftwerksbetreiber abgebrannte Brennelemente ab Juli 2005 nicht mehr in die Wiederaufarbeitungsanlagen Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich) abtransportieren lassen dürfen.

Vorbereitung auf die Endlagerung

Stattdessen werden die Brennelemente künftig direkt auf ihre Endlagerung vorbereitet. Weil sie nicht nur hoch radioaktiv, sondern auch unvorstellbar heiß sind, dauert dieser Vorbereitungsprozess allerdings Jahrzehnte. Er beginnt mit einem ersten Abkühlen und Abklingen der Radioaktivität im Nassen, in einem Becken des Atomkraftwerks. Dann wird er im Trockenen fortgesetzt. In Behältern wie dem so genannten CASTOR (Cask for Storage and Transport of Radioactive Material) lagert man die Brennelemente zwischen. Dabei sollen sie nicht nur weiter abkühlen und – klingen. Die Zwischenlagerung ist auch insofern unumgänglich, als es bislang kein Endlager für hochradioaktiven Abfall gibt. Die Bundesregierung plant die Inbetriebnahme eines solchen Lagers erst bis 2030.

Zentrale Zwischenlagerung verworfen

Ursprünglich war in Deutschland eine zentrale Zwischenlagerung des hochradioaktiven Atommülls vorgesehen. Hierfür wurden die Transportbehälterlager in Gorleben und in Ahaus errichtet. Wohl auch vor dem Hintergrund der Proteste von Atomkraftgegnern gegen die Atomtransporte dorthin rückte man bei der Neufassung des Atomgesetzes nach dem Ausstiegsbeschluss jedoch von der zentralen Zwischenlagerung ab. Stattdessen sollen die Brennelemente nun in eigenen Hallen an den AKW-Standorten untergebracht werden. Geplant und vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt sind insgesamt zwölf dieser Standortzwischenlager. Bis zu ihrer Fertigstellung wird der Atommüll in eigens errichteten so genannten Interimslagern, ebenfalls vor Ort, untergebracht.

Anwohner und Umweltschützer sehen Sicherheitsmängel

Bei den Standortzwischenlagern handelt es sich um Hallen aus Stahlbeton, bzw. – in Neckarswestheim – um einen Lagertunnel. Genehmigt ist eine Betriebszeit von 40 Jahren ab dem Zeitpunkt der Einlagerung eines ersten Behälters. Aus der Sicht von Umweltschützern und Anwohner-Initiativen, die sich vielerorts gebildet haben, ist die Atommüll-Lagerung in diesen Bauten mit Risiken für die Bevölkerung verbunden. Die Organisation Robin Wood etwa kritisiert, dass die Hallen zur Kühlung der abgebrannten Brennelemente über offene Lüftungsschlitze verfügen. Eine Raumluftüberwachung oder Filter, die radioaktive Partikel zurückhalten könnten, seien nicht vorgesehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz weist diese Bedenken zurück und argumentiert, dass bereits die Atommüll-Behälter den sicheren Einschluss des radioaktiven Inhalts gewährleisten und die Strahlung innerhalb der entsprechenden Grenzwerte halten würden.

Kein Ende der Castor-Transporte nach Gorleben

Ungeachtet des Protestes werden die dezentralen Zwischenlager voraussichtlich an allen geplanten Standorten errichtet werden. Ihr Bau und das Verbot der Transporte in die Wiederaufarbeitungsanlagen ab Mitte 2005 wird nicht selten irrtümlich mit einem Ende der Atommülltransporte nach Gorleben in Verbindung gebracht. Tatsächlich wird es diese Transporte noch viele Jahre geben, denn Deutschland ist zur Rücknahme seines Atommülls aus der Wiederaufarbeitung verpflichtet. Große Mengen davon lagern noch in La Hague und Sellafield und nur das Zwischenlager Gorleben besitzt derzeit eine Genehmigung, diesen Müll einzulagern.

Antje Matthies, tagesschau.de