EU legt Untersuchung vor Arbeitsmärkte durch EU-Erweiterung nicht gestört
Die EU-Osterweiterung hat die Arbeitsmärkte in den alten EU-Staaten nicht belastet. Das zeigt eine erste Bilanz von Sozialkommissar Spidla. Demnach haben gerade die Staaten von der Erweiterung profitiert, die ihre Arbeitsmärkte geöffnet haben.
Von Klaus Scheffer, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Für EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla ist die Sache klar. Jeder Bürger eines neuen EU-Landes soll die Möglichkeit haben, Lohn und Brot überall dort in der Union zu verdienen, wo er dies tun möchte. Freizügigkeit, so argumentiert Spidla, ist "kein Luxus, das ist eine ökonomische Rationalität und natürlich auch das Recht der europäischen Bürger".
Sorgen – vor allem in Deutschland und Österreich – wonach eine Freigabe der Märkte zu einer Massenschwemme von Arbeitskräften vor allem aus Osteuropa führen werde, teilt der tschechische Kommissar nicht. Seit 2004 seien insgesamt viel weniger Menschen in die alten EU-Länder geströmt, als es die Kommission selbst erwartet hätte. Unter diesem Aspekt gäbe es also keinen Grund, Zugangsbeschränkungen aufrecht zu erhalten.
Liberalisierung hindert Aufschwung nicht
Hinzu komme, so der Kommissar bei der Präsentation seines Berichts zwei Jahre nach der großen Erweiterungsrunde der EU, dass auch alle wirtschaftlichen Daten für die Öffnung der Arbeitsmärkte sprächen. Die drei Länder, die als einzige von vorneherein auf Beschränkungen verzichtet hatten – Großbritannien, Irland und Schweden – hätten davon nur profitiert. In Großbritannien sei es zu keinem Lohndumping gekommen, erläuterte der Kommissar, und das Wachstum sei ein wenig höher.
Auch die Arbeitslosigkeit von Inländern sei in den drei Ländern nicht gestiegen. Grund genug für Spidla, an die Staaten, die ihre Marktzugangsbeschränkungen weiter verlängern möchten, zu appellieren, diese Absicht noch einmal zu überdenken. Zumal in den Staaten mit Übergangsregelungen die illegale Beschäftigung von Arbeitnehmern aus den Erweiterungsländern zugenommen habe.
Berlin bleibt zurückhaltend
Deutschland und Österreich haben trotzdem bereits angekündigt, ihre Übergangsregelungen um mindestens drei Jahre verlängern zu wollen. Daran ändere auch der nun vorgelegte Bericht nichts, so die Bundesregierung in Berlin. Für den zuständigen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Joachim Würmeling, vergleicht der Kommissar Äpfel mit Birnen. In Großbritannien gebe es kaum Arbeitslosigkeit, Irland sei weit entfernt von den mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten, und in Schweden spreche man eine Sprache, die für Mittel- und Osteuropäer schwer zu erlernen sei. Deutschland, so Würmeling weiter, sei "unmittelbares Grenzland zu Polen und zu Tschechien, wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit und stehen eben da unter ganz ganz hohem Druck".
Andere EU-Altstaaten haben sich bislang noch nicht festgelegt, ob sie ihre Beschränkungen aufheben wollen. Sie haben hierfür auch noch Zeit. Spätestens am 30. April müssen die Regierungen in Brüssel mitteilen, wie sie mit der Öffnung ihrer Arbeitsmärkte umgehen wollen.