Harsche Kritik an Hafenrichtlinie im EU-Parlament ''Der Entwurf gehört in den Abfall"
Einen Tag nach den Protesten tausender Hafenarbeiter in Straßburg hagelt es im EU-Parlament Kritik: Vertreter aller Fraktionen bemängelten die geplante Richtlinie zur Liberalisierung der Hafendienstleistungen. EU-Kommissar Barrot hält jedoch an dem umstrittenen Entwurf fest.
Die geplante Hafenrichtlinie der EU ist bei Beratungen im Europaparlament auf massive Ablehnung gestoßen. Einen Tag vor der entscheidenden Abstimmung kritisierten Vertreter aller Fraktionen in Straßburg die Liberalisierungspläne der EU-Kommission. Mehrere Redner verwiesen auf die massiven Proteste tausender Hafenarbeiter in ganz Europa und forderten Verkehrskommissar Jacques Barrot auf, den Entwurf zurückzuziehen.
Der Vorschlag der Kommission sei geradezu gefährlich, sagte der britische Labour-Abgeordnete Hughes Stephan. Das Be- und Entladen von Schiffen sowie die Lotsendienste müssten "erfahrenen Leuten anvertraut werden". Der ganze Entwurf gehöre "in den Abfall", forderte der Kieler SPD-Abgeordnete Willi Piecyk. Mit den Liberalisierungsplänen würden die europäischen Hafendienste "den Asiaten auf dem Silbertablett präsentiert". Der niederländische Grüne Joost Langendijk forderte die Kommission auf, den Text ganz zurückziehen. Dem schloss sich der lettische Euroskeptiker Roberts Zile an. Die geplante Marktöffnung würde die baltischen Häfen der Konkurrenz von russischen Billiganbietern aussetzen.
Die belgische Konservative Marianne Thyssen warf der Kommission vor, ungeachtet der Ablehnung einer ersten Vorlage durch das Europaparlament im November 2003 nun fast die gleichen Vorschläge vorzulegen.
Barrot hält an Richtlinie fest
Kommissar Barrot zeigte sich jedoch unnachgiebig. Er warte die Abstimmung am Mittwoch ab und werde dann die "Konsequenzen ziehen", sagte er. Ob Barrot nach der erwarteten Ablehnung einen neuen Anlauf machen wird, ließ er offen.
Nach den Plänen der EU-Kommission sollen mit der neuen Richtlinie die Dienstleistungen in den europäischen Häfen liberalisiert werden. Es geht vor allem um Lotsen- und Schleppdienste und das Löschen von Ladung. Die Richtlinie soll die Kosten dafür senken. So soll künftig etwa die Fracht eines Schiffes von der Besatzung gelöscht werden dürfen. Bisher muss dies von Hafenarbeitern erledigt werden.
Tausende Hafenarbeiter protestieren
Gegen die Richtlinie gibt es erbitterten Protest. Gestern hatten in Straßburg etwa 6000 Hafenarbeiter aus ganz Europa gegen das Vorhaben demonstriert. Aus Deutschland waren etwa 300 Arbeiter gekommen. Sie befürchten, dass die geplante Richtlinie zu Lohndumping und dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze führen wird.