EU deckt illegale Preisabsprachen auf Ein Logistikkartell namens "Mini-Zucchini"
Töchter von Bahn und Post waren dabei, Kühne und Nagel und einige andere: Unter Decknamen wie "Spargel" oder "Mini-Zucchini" sprach ein "Gartenbau-Club" großer Logistikunternehmen unter anderem jahrelang weihnachtliche Preiszuschläge ab. Doch sie flogen auf - ebenso wie ein Kartell von Fensterherstellern.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
"Frühstückstreffen" nannten die Manager großer Speditionsunternehmen ihre regelmäßigen Zusammenkünfte in Hongkong.
Bei grünem Tee und Kaffee wurde unter anderem darüber gesprochen, wie hoch der Weihnachtszuschlag für die Kunden ausfallen sollte. Mit dabei die Deutsche-Post-Tochter DHL, die zur Bahn AG gehörende Schenker-Gruppe, Vertreter von Kühne und Nagel und einigen anderen Logistikspezialisten. Bei ihren Kartellabsprachen zwischen 2002 und 2007 ließen die Manager dieser Unternehmen ihrer Phantasie freien Lauf.
Millionenstrafe gegen den "Gartenbau-Club"
Genüsslich berichtete Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia aus der Praxis der illegalen Absprachen: "In einem der Kartelle nannten sich die Teilnehmer 'Gartenbau-Club'. Sie trafen sich in Pubs und Restaurants und benutzten Gemüsesorten als Codenamen, während sie die Preise festsetzten und dabei wahrscheinlich Bier tranken."
Doch trotz der Decknamen "Spargel" oder "Mini-Zucchini" flog das Logistikkartell nach fünf Jahren auf. Die EU-Kommission verhängte gegen die betroffenen 14 Unternehmen knapp 170 Millionen Euro an Geldbußen. Da die Deutsche Post die Europäische Kommission als erstes über die verbotenen Preisabsprachen informierte, konnte sie von einer Kronzeugenregelung der EU Gebrauch machen. Ihre Tochterunternehmen DHL und Exel müssen keine Strafen bezahlen.
Preisabsprachen auch bei Fensterbeschlägen
So ähnlich machte es auch der baden-württembergische Fensterhersteller Roto. Er ließ ein Preiskartell für Fensterbeschläge auffliegen, an dem eine Reihe deutscher Firmen beteiligt waren. "Roto wurden die Bußgelder erlassen, weil sie nützliche Informationen lieferten", erklärte Almunia. Das ebenfalls in Baden-Württemberg ansässige Unternehmen Gretsch-Unitas musste dagegen nun rund 20 Millionen Euro an Strafzahlungen an die EU abführen, ebenso die Firmen Siegenia und Winkhaus. Sie alle hatten sich zusammen mit anderen Herstellern von Dreh-Kipp-Beschlägen einmal im Jahr bei Tagungen der Fachverbände in Deutschland getroffen, um die Preiserhöhungen für das Folgejahr festzulegen oder sich auf Materialzuschläge zu verständigen.
Fensterkäufer in ganz Europa seien dadurch mehr als sieben Jahre lang geschädigt worden, empörte sich EU-Wettbewerbskommissar Almunia: "Dass es solche illegalen Vorgänge heute noch geben kann, ist schockierend. Wir werden weiter mit höchster Priorität gegen solche Kartelle kämpfen, weil sie für unser Wettbewerbsrecht am schädlichsten sind."