Online-Optiker an der Börse Mister Spex behält den Durchblick
Das Gedränge auf dem Frankfurter Börsenparkett geht weiter: Heute ist der Online-Optiker Mister Spex erfolgreich an die Börse gegangen. Was machen die Berliner anders als Marktführer Fielmann?
Mister Spex hat heute an der Alten Börse für den Durchblick gesorgt. Mit 25,38 Euro startete der Berliner Online-Optiker in den Handel - und lag damit leicht über dem Ausgabekurs von 25 Euro. Bis zum Mittag zogen die Aktien von Mister Spex weiter an. Zuletzt kosteten die Papiere 25,60 Euro. Die angereisten Mitarbeiter zeigten sich erfreut.
Mister Spex verbindet klassische Optiker-Leistungen mit virtuellen Angeboten. Sogar ein Online-Sehtest ist möglich. Nach eigenen Angaben bietet das Unternehmen eine Auswahl von 100 Brillenmarken. Aussuchen kann man sie online oder in einer der 42 Läden, 39 davon in Deutschland, und in Partnerfilialen.
Vom Online-Sehtest bis zum Brillenkauf
"Wir haben das traditionell fremdbestimmte Konzept des Brillenverkaufs umgedreht", erklärt Mirko Caspar, Co-Chef des Unternehmens, das Geschäftsmodell von Mister Spex. "Jeder Kunde kann sich frei alle Brillen nehmen und ausprobieren." Er bekomme QR-Codes mit nach Hause geliefert und könne sich dann dort noch mal alles bequem anschauen. "Der Kunde kann entscheiden, wann und wo er kauft. Er kann ausprobieren - so viel er will und ohne versteckten Kosten. Das ist es, was das Shoppingerlebnis ausmacht."
"Der Nutzer kann sein Bild hochladen und dann virtuell seine Brille online anprobieren", erklärt Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms, wie der Brillenkauf in der neuen digitalen Welt funktioniert. Darüber hinaus kooperiere Mister Spex auch mit Händler, die den Kunden die Brille einstellen. Funder: "Das ist ein Service-Netzwerk in der realen Welt."
Wettbewerbsvorteil gegenüber Fielmann
Diese Mischung aus stationärem und digitalem Vertriebsweg sieht IT-Berater Roland Fiege als Wettbewerbsvorteil gegenüber den Platzhirschen wie Fielmann oder Apollo-Optik, die das Online-Geschäft wohl lange verschlafen haben. "Offensichtlich haben sie zumindest mal einem Start-up genug Zeit gelassen, in diesen Markt rein zu grätschen", glaubt Fiege. "Wenn man ein Geschäftsmodell grundlegend hinterfragt und auf den Kopf stellt, also mit einem sehr starken Online-Fokus, dann kommen diese Ideen in den seltensten Fällen aus existenten Konzernstrukturen."
Noch ist das Brillengeschäft kaum digitalisiert. Nur knapp 13 Prozent der Brillenkäufe werden bislang online getätigt - bei einem Umsatz im europäischen Brillenmarkt von rund 32 Milliarden Euro im Jahr. Co-Chef Caspar sieht hier noch viel Potenzial. Zwei Drittel der Brillenkäufer hätten keinen Spaß beim Optikerbesuch, hat er festgestellt. Als Omni-Channel-Optiker will sich Mister Spex als Marktführer etablieren.
Geld soll in den Ausbau der Filialen fließen
Mit dem Erlös aus dem Börsengang, der mit 375 Millionen Euro etwas geringer ausfiel als erwartet, will das Unternehmen weiter expandieren. Die Zahl der 39 Filialen in Deutschland soll weiter erhöht werden. Außerdem soll die Internationalisierung vorangetrieben werden. Bisher ist der Optiker in zehn Ländern präsent. In Wien und Stockholm gibt es drei Läden.
Das 2007 gegründete Unternehmen wächst seit Jahren zweistellig. 2020 stieg der Umsatz um 18 Prozent auf 164 Millionen Euro, während die Branche zweistellig schrumpfte. Operativ verdiente das Unternehmen sieben Millionen Euro. Seit 2018 ist Mister Spex profitabel.
Konsolidierung im Optiker-Markt
Auf dem Optiker-Markt herrscht momentan viel Bewegung. So übernimmt der italienisch-französische Brillen-Konzern EssilorLuxottica, zu dem auch Ray Ban-Brillen gehören, nun den Mutterkonzern von Apollo-Optik GrandVision für rund sieben Milliarden Euro. Interessantes Detail: EssilorLuxottica ist auch mit 50 Millionen Euro an Mr Spex beteiligt.
Mister Spex setzt den IPO-Boom fort. In diesem Jahr sind so viele Unternehmen an die Börse gegangen wie seit 2000 nicht mehr. Digitale Geschäftsmodelle sind dabei ganz hoch im Kurs. Vor allem Online-Händler gingen aufs Parkett. Angesichts der Nullzinsen und der eingeschränkten Kreditvergabe der Banken wird die Börse zunehmend attraktiver als Weg zur Kapitalbeschaffung.
Denn gerade Start-ups haben es in Deutschland immer noch recht schwer. Vor allem in der Endphase der Unternehmensgründung gibt es wenig Risikokapital in Deutschland. Das will die Bundesregierung ändern. Die KfW hat jüngst einen zehn Milliarden Euro schweren Zukunftsfonds angekündigt, der die Finanzierung von jungen innovativen Firmen verbessern soll. Mister Spex erhielt Unterstützung von einem High-Tech-Gründerfonds, der seit 2008 an der Optikerkette beteiligt ist.