Kritik an erweiterten Beschäftigungsverboten Arbeitgeber rügen Mutterschutzreform
Die Mutterschutzregeln gelten im Kern seit Jahrzehnten. Das Kabinett hatte im Mai eine Reform auf den Weg gebracht. Die Arbeitgeber kritisieren diese Pläne scharf und sprechen von einem faktischen Beschäftigungsverbot für Schwangere in der Produktion.
Die Arbeitgeber erhöhen im Streit um die Reform des Mutterschutzgesetzes ihren Druck auf Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. Die Neuregelung bedeute ein Beschäftigungsverbot für Schwangere in der Produktion, warf Sozialpolitik-Expertin Annette Bartos vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall der SPD-Politikerin vor.
Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen das geplante Verbot von Arbeit mit vorgeschriebenem Zeittempo. Werdende Mütter sind schon nach geltendem Recht von der Fließband- und Akkordarbeit ausgeschlossen. Aber auch an Arbeitsplätzen mit deutlich langsameren Abläufen sollen Schwangere künftig nicht mehr arbeiten können. In der Metall- und Elektroindustrie sei es derzeit Praxis, werdende Mütter vom Fließband an Arbeitsplätze mit einem deutlich langsameren Rhythmus zu versetzen - wie etwa zur Vormontage von Produkten, sagte Bartos. Dies sei künftig nicht mehr möglich.
Mit dem Gesetzentwurf will Familienministerin Schwesig den Mutterschutz auf Schülerinnen und Studentinnen ausweiten. Um Schwangere und Stillende wirksamer zu schützen, soll Arbeit nach vorgegebenem Tempo generell verboten werden. Dies wird damit begründet, dass getaktete Arbeit auch ohne gesteigertes Tempo zu einer unverantwortbaren Gefährdung führen könne. Ausnahmeregelungen sollen jedoch möglich sein. Die Reform sieht zudem Gefährdungsanalysen von Arbeitsplätzen vor, um zu ermitteln, ob mit der dortigen Tätigkeit Gefährdungen für Schwangere verbunden sein könnten.
Ministerium rechtfertigt Pläne
Das Bundesfamilienministerium rechtfertigte diese Neuerung mit dem Hinweis darauf, dass getaktete Arbeit auch ohne gesteigertes Tempo zu einer unverantwortbaren Gefährdung führen könne. Es könnten aber Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, wenn unter den konkreten Arbeitsbedingungen eine Gefährdung nicht zu befürchten sei.
Bundesfamilienministerin Schwesig kontert die Kritik der Arbeitgeber.
Für Unmut sorgen zudem die im Gesetzentwurf enthaltenen Gefährdungsanalysen für Arbeitsplätze. Bartos interpretiert das als Verpflichtung für alle Arbeitgeber, für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu prüfen, ob mit der dortigen Tätigkeit Gefährdungen für Schwangere oder Stillende verbunden seien - selbst wenn dort aktuell ein Mann arbeite. Für das Familienministerium sei diese Kritik nicht nachvollziehbar, sagte eine Sprecherin. Die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen sei bereits in geltendem Recht verankert. Weil Arbeitsplätze vom Geschlecht unabhängig zu vergeben sind, komme auch jeder für eine Frau in Betracht.
Das Mutterschutzgesetz soll werdende und stillende Mütter und ihr Kind vor Gefahren am Arbeitsplatz schützen. Es regelt aber auch die finanziellen Leistungen bei Beschäftigungsverboten und enthält ein Kündigungsverbot für Schwangere und junge Mütter in den ersten vier Lebensmonaten des Kindes. Generell enthält das Gesetz ein Beschäftigungsverbot für die ersten acht Wochen nach der Geburt sowie in der Regel für die letzten sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. Ausdrücklich verboten sind zudem Nachtarbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens, Sonntagsarbeit sowie Akkordarbeit und Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Kriterien, die zu Beschäftigungsverboten für die Schwangeren führen können, um sie vor den Folgen besonderer Belastungen für sich selbst und das ungeborene Kind zu schützen. Das gilt etwa für Arbeiten, die ein Heben schwerer Gewichte oder viel Stehen oder viel Beugen, Bücken oder Hocken erfordern. Zudem legt das Gesetz Anforderungen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes und schreibt die Gewährung von Pausen für Schwangere vor.
CDU-Politiker warnen vor Bürokratie
Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, warnte vor absurden bürokratischen Pflichten für die Unternehmen im Zusammenhang mit dem Schutz von Schwangeren. Hier solle maßvoll vorgegangen und die Wirtschaft nicht mit unnötiger Bürokratie belasten werden, sagte der CDU-Politiker. Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, forderte, die Maßnahmen im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu überprüfen.
Das Kabinett hatte den Gesetzentwurf nach langem Streit Anfang Mai auf den Weg gebracht. Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Gesetz noch dieses Jahr verabschiedet werden und zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.