Lebensmittel-Ketten Neuer Preiskampf bei Discountern
Von der wieder angehobenen Mehrwertsteuer ist im Lebensmittelhandel oft noch wenig zu merken. Die Discounter Netto und Lidl wollen die Preise vorerst nicht erhöhen. Experten bezweifeln, dass es dabei bleibt.
Zunächst war es die zur Edeka-Gruppe gehörende Discount-Kette Netto, die vorpreschte. Sie warb mit dem Slogan "Mehrwertsteuer-Erhöhung? Nicht bei Netto!". Sie verkauft ihre Produkte weiter mit dem gesenkten Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent.
Marketing-Offensive mit den Preisen
Nun nutzt auch Lidl die Mehrwertsteuer für Marketing-Zwecke. Der Discounter teilte am Dienstag mit, in den über 3200 Filialen der Kette blieben "die Preise bei vielen Produkten weiterhin um bis zu drei Prozent reduziert, obwohl seit dem Jahreswechsel wieder die reguläre Mehrwertsteuer von 19 Prozent gilt". Damit unterstreiche Lidl seine Preisführerschaft auch nach dem Ende der gesenkten Mehrwertsteuer.
Schwergewicht im Lebensmittel-Einzelhandel: Die Discounter-Kette Lidl.
Rewe hat noch nicht alle Produkte auf die höhere Mehrwertsteuer umgestellt. Die Supermarktkette kündigte vor dem Jahreswechsel an, dass die Rückkehr zu den regulären Mehrwertsteuersätzen angesichts Tausender Etiketten pro Markt, die neu gedruckt und angebracht werden müssten, nur schrittweise "in den ersten Tagen des Januars" umgesetzt werde.
Aldi macht offenbar nicht mit
Konkurrent Aldi zeigt sich bislang unbeeindruckt vom neuen Preiskampf, den Netto und Lidl eingeleitet haben. Aldi Süd teilte am Dienstag mit, das Unternehmen habe die Preise nach dem Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung "zu Jahresbeginn wieder entsprechend angepasst". Von Aldi Nord gibt es noch keine Reaktion.
Dass die Mehrwertsteuer ein Thema ist, mit dem sich die Händler gerne profilieren, zeigte sich bei der Senkung im vergangenen Sommer. Damals senkte Lidl schon mehr als eine Woche vor dem 1. Juli die Preise. Erzrivale Aldi konterte und reduzierte zusätzlich zur Mehrwertsteuersenkung die Preise um drei Prozentpunkte. Der zusätzliche Rabatt kostete den Discounter nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionenbetrag.
Kaum Effekte durch Mehrwertsteuersenkung
Die Bundesregierung hatte im Frühsommer beschlossen, den Mehrwertsteuersatz vom 1. Juli bis zum 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent zu senken. Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs gilt, wurde von sieben auf fünf Prozent reduziert. Das sollte die Konjunktur anschieben und die Bürger motivieren, teure Anschaffungen trotz Krise ein paar Monate vorzuziehen. Der Mehrwertsteuer-Effekt fiel laut Berechnungen von Ökonomen aber doch geringer aus als erhofft.
Experten rechnen damit, dass die Preisoffensive von Netto und Lidl nur von kurzer Dauer ist. Das Branchenfachblatt "Lebensmittel Zeitung" sieht Anzeichen dafür, dass "in den kommenden Wochen überall die Preise um die gestiegene Mehrwertsteuer erhöht werden".
Discounter unter Druck
Die Discounter stehen derzeit unter Druck, weil sie Marktanteile verloren haben. In der Corona-Pandemie haben die Kunden seltener eingekauft, dabei aber größere Anschaffungen gemacht und dafür großflächige Supermärkte bevorzugt.
Zudem hatten die Discounter mit mehrtägigen Protesten von Bauern zu kämpfen. Diese blockierten die Lagerzufahrten mit Traktoren. Kurz vor dem Jahreswechsel beendeten die Bauern die Blockaden, nachdem die Discounter Aldi Nord und Süd Zugeständnisse gemacht hatten. Auch der Lidl-Konzern will Gespräche mit Vertretern der Bauern aufnehmen. Hintergrund der Proteste war eine von Aldi angekündigte Senkung der Butterpreise.