OLG Düsseldorf zu Kaiser's-Tengelmann Ministererlaubnis für Übernahme gestoppt
Dürfen sie? Ja, hatte Bundeswirtschaftsminister Gabriel gesagt - und seine Erlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka gegeben. Nein, meint nun das Oberlandesgericht Düsseldorf und stoppte die Fusion - zumindest vorläufig.
Dürfen sie? Ja, hatte Bundeswirtschaftsminister Gabriel gesagt - und seine Erlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka gegeben. Nein, meint nun das Oberlandesgericht Düsseldorf und stoppte die Fusion - zumindest vorläufig.
Die Erlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft und Energie zur Übernahme von Kaiser´s Tengelmann durch Edeka ist nach einer vorläufigen Prüfung im Eilverfahren "rechtswidrig". Das hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf beschlossen.
Arbeitsplatzerhalt oder Stellenabbau?
Die Richter werfen dem Bundeswirtschaftsminister unter anderem vor, er habe in der Phase des Erlaubnisverfahrens mit Edeka und Kaiser's Tengelmann geheime Gespräche geführt. Es habe am 16. November 2015 mit allen Beteiligten Verhandlungen über die Voraussetzung für eine Ministererlaubnis gegeben.
Untersagt das Kartellamt den Zusammenschluss zweier Unternehmen, so können diese nach § 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) innerhalb eines Monats nach dem Verbot beim Bundeswirtschaftsministerium eine sogenannte Ministererlaubnis beantragen. Dieser hat dann vier Monate Zeit zu entscheiden. Er kann sich dabei auf die Empfehlung der Monopolkommission stützen, muss ihr aber nicht folgen.
Bei der Ministererlaubnis stehen - im Gegensatz zum Kartellamt, das allein Wettbewerbsbeschränkungen prüft - die möglichen gesamtwirtschaftlichen Vorteile im Mittelpunkt der Betrachtung, vor allem der Erhalt oder die Schaffung von Arbeitskräften.
Konkurrenten der Fusionskandidaten können am Ende gegen die Ministererlaubnis klagen.
Zu diesem Zeitpunkt habe es bereits ein Angebot von Rewe gegeben, in dem der Erhalt aller 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann vorgesehen gewesen sei. Edeka dagegen habe zu dem Zeitpunkt Stellenstreichungen geplant. Die Gespräche hätten unter sechs Augen stattgefunden, seien nicht aktenkundig gemacht worden. Gespräche mit Rewe habe es nicht gegeben. Der Minister habe daher die für ein transparentes, objektives und faires Verfahren unverzichtbare gleichmäßige Einbeziehung und Information aller Verfahrensbeteiligten unterlassen, so das Gericht. Außerdem seien die Tatsachengrundlagen, die der Minister für seine Erlaubnis hinzugezogen hat, unvollständig gewesen.
Keine Entscheidung mit Blick aufs Gemeinwohl?
Die Ministererlaubnis sei darüber hinaus rechtswidrig, da der Minister bei seiner Entscheidung zu Unrecht den Erhalt der kollektiven Arbeitnehmerrechte (z. B.Tarifverträge u. ä.) bei Kaiser's Tengelmann als einen "Gemeinwohlbelang" berücksichtigt habe. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeit könnten der Erhalt und die Sicherung bestehender kollektiver Arbeitnehmerrechte kein Gemeinwohlbelang sein, befanden die Richter.
Das Bundeswirtschaftsministerium sowie Edeka und Kaiser's Tengelmann können beim BGH Rechtsmittel einlegen. Welche das genau sind, prüfe Edeka gerade, teilte der Handelskonzern mit. Tengelmann reagierte bestürzt auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf. "Wir bedauern diese Wendung im Ministererlaubnisverfahren außerordentlich, insbesondere mit Blick auf unsere knapp 16.000 Mitarbeiter bei Kaiser's Tengelmann", erklärte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub.
Rewe: "Zweifelhafte Ministererlaubnis"
Der Konkurrent Rewe begrüßte die Entscheidung. Das Unternehmen wirft Edeka und Kaiser's Tengelmann vor, sie hätten bei dem Fusionsvorhaben von Anfang an auf einen Weg der Konfrontation mit Wettbewerbshütern und Gewerkschaften gesetzt und eine Ministererlaubnis erzwingen wollen. "Dass diese in Form und Inhalt zweifelhafte Ministererlaubnis nun nicht vollzogen werden kann, ist eine logische Folge dieser Brachialstrategie", sagte ein Rewe-Sprecher.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Vorwürfe gegen ihn und seine Ministererlaubnis zurückgewiesen. "Für das Bundeswirtschaftsministerium ist nicht nachvollziehbar, dass Arbeitnehmerrechte vom Gericht nicht als Gemeinwohlgrund angesehen wurden", heißt es in einer Erklärung seines Ministeriums. Eine Ministererlaubnis, mit der ein Fusionsverbot des Kartellamts überstimmt werden kann, dürfe nur aus Gründen des Gemeinwohls ausgesprochen werden. Und das habe Gabriel im Blick gehabt, da er versuchte, 16.000 Arbeitsplätze zu erhalten und Arbeitnehmerrechte zu sichern. Alle Beteiligten seien aufgefordert, schnell die Unsicherheiten zu beseitigen. Das Ministerium will das Urteil nun prüfen und dann über weitere Schritte entscheiden.
Aktenzeichen: OLG Düsseldorf, VI – Kart 3/16 (V)