Kampf gegen Schuldenkrise Bewältigt Portugal die Misere allein?
Arbeitslosigkeit, Steuererhöhungen und hohe Schulden sind die Symptome der portugiesischen Krise. Mit drastischen Maßnahmen versucht die Regierung, den finanziellen und wirtschaftlichen Niedergang aufzuhalten. Trotzdem könnte Portugal bald EU-Hilfen benötigen.
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Nach dem EU-Beitritt wuchs die portugiesische Wirtschaft dank niedriger Löhne kräftig, doch seit rund zehn Jahren ist die Konkurrenz durch Länder mit noch niedrigeren Lohnkosten unübersehbar. Portugals Fabriken entlassen oder machen gleich ganz dicht, die Arbeitslosenquote stieg in den vergangenen Jahren auf jetzt gut zehn Prozent.
Diese Entwicklung, zusammen mit einer extrem aufgeblasenen öffentlichen Verwaltung und der weltweiten Krise, haben die Verschuldung Portugals in die Höhe getrieben und das Haushaltsdefizit steigen lassen - auf 9,3 Prozent im vergangenen Jahr. Zeit, die Notbremse zu ziehen.
Die Regierung schnürte ein Maßnahmenbündel
"Wir werden die Maßnahmen umsetzen und ein klares Signal geben, dass wir es ernst meinen mit der schnellstmöglichen Umsetzung des Stabilitätsprogramms", sagte Finanzminister Teixeira dos Santos im April, nachdem die Regierung Sparpläne vorgelegt hatte, um einem EU-Strafverfahren zu entgehen. Bis 2013 sollte das Haushaltsdefizit damit wieder unter drei Prozent gedrückt werden. Wichtigste Maßnahme: Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst wurden eingefroren, ein Beförderungs- und Wiederbesetzungsstopp angeordnet.
Doch als die Griechenland-Krise auf ihren Höhepunkt zusteuerte, geriet Portugal in den Verdacht, ebenfalls vom Staatsbankrott bedroht zu sein. Und nach Prüfung der Sparpläne hob EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn mahnend den Finger: "Das portugiesische Stabilitätsprogramm ist ehrgeizig und recht konkret für die Jahre 2011 bis 2013, aber es könnten besonders in diesem Jahr zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein, wenn wirtschaftliche und steuerliche Risiken sich bewahrheiten."
Die Regierung legte beherzt nach: Ministergehälter wurden um fünf Prozent gekürzt, Investitionen eingeschränkt und Subventionen für Staatsbetriebe gestrichen. Vor allem aber wurden Einkommens- und Mehrwertsteuer angehoben.
Steuern werden erhöht, Löhne und Gehälter gekürzt
Trotz der Steuererhöhungen verlor Portugal in den vergangenen Monaten erheblich Vertrauen an den Finanzmärkten. Für den Staat wird es immer teurer, sich Geld auf den Kapitalmärkten zu besorgen, um seinen Haushalt zu finanzieren - was natürlich die Effektivität der Sparmaßnahmen schmälert. Deshalb hat die Regierung im Oktober erneut nachgelegt. Die Mehrwertsteuer soll im kommenden Jahr um einen weiteren Prozentpunkt steigen und Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt werden. Die Renten werden zunächst eingefroren, weitere Einsparungen soll dann eine große Rentenreform erzielen.
Portugal sei nicht mit Griechenland zu vergleichen, hieß es in den vergangenen Monaten. Inzwischen muss Ministerpräsident José Sócrates konkret dementieren, dass sich Portugal schon bald unter den EU-Rettungsschirm begeben könnte. Portugal brauche von niemandem Hilfe und werde seine Probleme alleine lösen, betont der Regierungschef. Das allerdings hatte auch die irische Regierung bis zuletzt immer wieder beteuert.