Köhler unterschreibt Eilgesetz Bankenpaket ist unter Dach und Fach
Schneller hat ein Bundesgesetz noch nie die parlamentarischen Hürden genommen: Nur fünf Tage nach dem Kabinettsbeschluss stimmten Bundestag und Bundesrat dem Banken-Rettungspaket zu – auch Bundespräsident Köhler unterschrieb das Gesetz. Heute kann es in Kraft treten.
Nur fünf Tage nach dem Kabinettsbeschluss zum 480 Milliarden Euro schweren Banken-Rettungspaket der Bundesregierung kann das Gesetz zur Stabilisierung der Finanzmärkte in Kraft treten. Nachdem Bundestag und Bundesrat der Vorlage zustimmten, unterzeichnete nun auch Bundespräsident Horst Köhler das Eilgesetz. Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt es am Samstag in Kraft.
Mit den Maßnahmen sollen die Banken gestützt und der Geldverkehr aufrecht erhalten werden. Ein fünfköpfiger Lenkungsausschuss mit Vertretern aus Bund und Ländern wacht über den Fonds. Die Streitpunkte zwischen Bund und Ländern hatten die Ministerpräsidenten bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern beigelegt.
Zuvor hatte der Bundestag das Rettungspaket bereits mit großer Mehrheit beschlossen. Dafür stimmten in namentlicher Abstimmung 476 Abgeordnete von Union, SPD und FDP, dagegen stimmten 99 Parlamentarier der Partei "Die Linke" und der Grünen. Anschließend stimmte der Bundesrat einstimmig dem Gesetz zu.
"Es ging um Gefahrenabwehr"
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück dankte den Parlamentskammern und sagte: "Es ging um Gefahrenabwehr." Eine Finanzkrise in dieser Dimension habe es in den vergangenen 80 Jahren nicht gegeben, fügte der SPD-Politiker hinzu und warnte vor "Übersprungeffekten" auf die Realwirtschaft.
Struck wirft Bankern "Zockerei" vor
In der Bundestagsdebatte nannte SPD-Fraktionschef Peter Struck die Einigung innerhalb weniger Tage einen "beispiellosen Kraftakt". Der sei für den Bundestag eigentlich eine Zumutung gewesen - "aber wir hatten gar keine andere Chance". Das Gesetz solle das Schlimmste für den Finanzmarkt verhindern, damit sei die Krise aber nicht beendet.
Struck forderte auch eine "moralische Erneuerung" bei Bankmanagern. Namentlich kritisierte er den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, und dessen Vorvorgänger Hilmar Kopper. Ihnen warf er "Zockerei" vor.
Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte eine Konzentration der Bankenaufsicht bei der Bundesbank. Auf europäischer Ebene müsse sie bei der Europäischen Zentralbank liegen. Die Finanzakteure dürften "nicht einfach davonkommen". Das Rettungspaket solle "neues Vertrauen am Markt" schaffen, betonte er. Kauder kündigte einen Bundestagsausschuss für die Finanzmärkte an. Dieser solle Informationen zur Abwicklung des Pakets bekommen und Vorschläge für die Entwicklung der Finanzmärkte machen.
FDP setzt "Mitwirkungsausschuss" durch
Entsprechende Änderungen hatte der Haushaltsausschuss noch in der Nacht beschlossen - sie waren Bedingung für das Ja der FDP-Fraktion. Ausschusschef Otto Fricke von der FDP sagte im Deutschlandfunk, der "Mitwirkungsausschuss" werde über "alle wesentlichen Dinge" rund um den Rettungsfonds informiert werden. Er werde ähnlich wie das Parlamentarische Kontrollgremium geheim tagen. Zudem bedarf eine spätere Auflösung des Fonds seiner Zustimmung. Um die Unabhängigkeit der Bundesbank zu erhalten, werde der Fonds im Übrigen nun nicht direkt bei ihr verwaltet, sondern nur an die Bundesbank angegliedert.
"Dann schließe ich die Abstimmung, bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer mit der Auszahlung zu beginnen."
FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle betonte in der Debatte, die Zustimmung sei kein "Freifahrtschein". Es sei wichtig, dass die Rolle des Parlaments bei der Kontrolle der Staatshilfen letztlich gestärkt worden sei. Die Regierung erwarte Vertrauen, deshalb müsse man ihr vertrauen können.
"Darauf können wir uns nicht einlassen"
Grüne und Linkspartei lehnten das Paket ab. "Darauf können wir uns nicht einlassen", sagte Linksfraktionschef Gregor Gysi. Gysi gab neben den Bankmanagern auch den Politikern eine hohe Mitschuld an der Finanzmarktkrise. Dass ein schnelles, umfassendes Rettungspaket notwendig sei, bestreite auch er nicht. Der Vorschlag genüge den Notwendigkeiten aber nicht. Wo Geld des Staates fließe, müsse auch staatliches Eigentum entstehen.
"Dieses Paket ist ein 500-Milliarden-Euro-Blankoscheck", kritisierte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Auch sie halte ein umfassendes Rettungspaket für erforderlich. Das Maßnahmenbündel der Regierung setze aber die falschen Signale. Es werde der Verantwortung vor dem Steuerzahler nicht gerecht.
Im Rahmen des Rettungspakets übernimmt der Bund Bürgschaften bis zu einer Gesamthöhe von 400 Milliarden Euro für Kredite der Banken untereinander, den sogenannten Interbanken-Krediten. Diese Geschäfte gelten als wichtiges Finanzierungsinstrument für die Institute. Der Markt war aber zuletzt so gut wie lahmgelegt, da sich die Banken gegenseitig nicht mehr trauten.
Das Risiko für diese Garantien beziffert der Bund auf fünf Prozent der Gesamtsumme - er schätzt also, dass die 400-Milliarden-Bürgschaften letztlich zu einem Ausfall von 20 Milliarden Euro führen könnten. Für diese Summe will der Bund "die haushaltsrechtliche Vorsorge" treffen.
Notfalls will die Regierung auch direkt Geld in die Banken pumpen. Bis zu 80 Milliarden Euro sieht der Gesetzentwurf dafür vor.
Finanzminister Steinbrück soll ermächtigt werden, für das Paket bis zu 100 Milliarden Euro Kredit aufzunehmen - für die 20 Milliarden, auf die der Bund das Bürgschafts-Ausfallrisiko schätzt, sowie für die 80 Milliarden an direkten Kapitalhilfen.
Die Hilfen sollen über einen "Finanzmarktstabilisierungsfonds" geleistet werden. Dieser ist als Sondervermögen des Bundes angelegt, das vom Haushalt getrennt geführt wird - aber eine Art Nebenhaushalt, der vom Staat gespeist werden muss.
Die Länder sollen 35 Prozent der Kosten des Gesamtpakets tragen, der Bund 65 Prozent. Beide Seiten einigten sich jedoch in Verhandlungen darauf, das Risiko der Länder auf 7,7 Milliarden Euro zu begrenzen. Darüber hinausgehende Verluste müsste allein der Bund tragen.