Bundestag und Bundesrat für Euro-Hilfspaket Mit Milliarden gegen das Misstrauen

Stand: 21.05.2010 20:13 Uhr

Bundestag und Bundesrat haben die deutsche Beteiligung am Euro-Schutzschirm gebilligt. Doch nicht einmal die Koalition stellte sich geschlossen hinter das Gesetz. Der CSU-Abgeordnete Gauweiler will die Pläne nun mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht stoppen. Die Märkte reagierten positiv auf das Votum.

Deutschland hat bei der Stabilisierung des Euro eine Vorreiterrolle übernommen. Bundestag und Bundesrat stimmten der Beteiligung am milliardenschweren Schutzschirm zu, der Kredithilfen in Höhe von bis zu 750 Milliarden Euro für überschuldete Länder der Euro-Zone vorsieht. Damit setzte die Bundesrepublik als erstes Land den Beschluss der EU-Finanzminister zur Rettung der Gemeinschaftswährung um. Am Abend unterzeichnete Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz - damit kann es verkündet werden und in Kraft treten. Deutschland erklärt sich bereit, Garantien für Kredite in Höhe von maximal 148 Milliarden Euro zu übernehmen.

SPD und Grüne enthalten sich

Im Bundestag verfehlte die Bundesregierung die angestrebte breite Mehrheit für die Vorlage aber deutlich. Bei der namentlichen Abstimmung votierten 319 Abgeordnete für das Gesetz und 73 dagegen. 195 Parlamentarier enthielten sich. Selbst die Regierungskoalition stimmte nicht geschlossen für die Vorlage. Sechs ihrer Abgeordneten stimmten mit Nein. Vier weitere enthielten sich ebenso wie die Grünen und fast alle SPD-Abgeordneten. Die Partei Die Linke stimmte geschlossen gegen das Gesetz.

Hitzige Debatte im Bundestag

Bundeskanzlerin Angela Merkel warf der Opposition vor, ihrer Verantwortung für Europa nicht nachgekommen zu sein. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte in der Bundestagsdebatte gefordert, dass das Paket im Interesse Deutschlands und seiner Bürger rasch kommen müsse. "Denn die Märkte vertrauen erst, wenn es in Kraft ist", sagte er. FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, es gehe darum, Deutschland und Europa zu schützen. Der Opposition warf er vor, aus parteitaktischen Gründen ihre Zustimmung zu verweigern.

In der Debatte griffen die Oppositionsfraktionen ihrerseits die Koalition scharf an. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel taktische Spielchen vor, die auch die EU-Partner satt hätten. Deutschland müsse bei der Finanzmarkt-Regulierung vorangehen. Doch die Regierungspolitik laufe in die falsche Richtung. Daher könne seine Fraktion dem Rettungspaket nicht zustimmen, auch wenn sie nicht dagegen sei. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Merkel Wortbruch vor. Sie habe zugesagt, die notwendigen europäischen Verträge vor der Entscheidung vorzulegen. Dies habe sie aber nicht getan. Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, warf der Kanzlerin vor, sie werde von Spekulanten und Finanzmärkten getrieben. "Sie müssen doch merken, dass Sie jetzt am Nasenring durch die Manege geführt werden."

Euro-Rettungsschirm

Bis zu 750 Milliarden Euro sollen künftig als Kredithilfen für Länder der Euro-Zone bereitstehen. 60 Milliarden Euro davon stammen aus dem Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union. Kredite in Höhe von bis zu 440 Milliarden Euro können mit Hilfe der Staaten der Euro-Zone gewährt werden. Wenn der Antrag eines Euro-Landes von den anderen Staaten einstimmig bewilligt wird, besorgt sich eine neue Zweckgesellschaft das notwendige Kapital auf den Finanzmärkten und reicht es in Form von Krediten an das betroffene Land weiter.

Die anderen Staaten der Euro-Zone stehen dafür mit Garantien gerade. Für wieviel Geld jedes Land garantiert, richtet sich dabei nach dem jeweiligen Anteil am Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank. Deutschlands Kreditgarantien umfassen bis zu 123 Milliarden Euro. Im äußersten Fall könnte diese Summe noch auf knapp 148 Milliarden Euro steigen.

Zusätzlich zu den europäischen Hilfen gewährt der Internationale Währungsfonds als Teil des Rettungspakets Kredite in Höhe von bis zu 250 Milliarden Euro. Wer Geld erhält, muss aber Auflagen erfüllen. Das betrifft Reformen und Sparvorgaben für die nationalen Haushalte.

Gauweiler klagt beim Bundesverfassungsgericht

Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat reichte der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler nach eigenen Angaben eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Auf diesem Weg will er den Schutzschirm noch stoppen. Zur Begründung führte er an, dass der Euro "zur Weichwährung" und die als Stabilitätsunion konzipierte Währungsunion "in eine Transferunion umgewandelt" werde.

Die internationalen Finanzmärkte reagierten dagegen positiv auf die deutsche Entscheidung über das Rettungspaket. Die Gemeinschaftswährung gewann gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert.