Folgen der weltweiten Krise Russland rechnet mit Nullwachstum und hoher Inflation
Der Rückgang des Ölpreises und die Auswirkungen der Finanzkrise treffen Russland wahrscheinlich besonders hart. Während in den vergangenen Jahren das Wachstum im Schnitt bei sieben Prozent lag, rechnet Finanzminister Kudrin nun mit einem Nullwachstum und einer Inflation von 13 Prozent.
Russland hält in diesem Jahr angesichts sinkender Ölpreise und der Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise ein Nullwachstum seiner Wirtschaft für möglich.
Die Regierung erwarte, dass das Bruttoinlandsprodukt in einer Spanne von null bis zwei Prozent zulegen werde, sagte Finanzminister Alexej Kudrin bei einer Konferenz in Hongkong. Das Wachstum in Russland hatte während der vergangenen neun Jahre im Durchschnitt bei sieben Prozent gelegen. Dazu hatten neben dem hohen Ölpreis auch die wachsende Nachfrage im Inland und Investitionen beigetragen.
Kudrin sagte, er rechne mit einer Inflationsrate von 13 Prozent. Im November hatte die Regierung noch acht Prozent vorausgesagt. Allerdings lag sie schon 2007 bei neun Prozent und stieg bis Ende 2007 auf 12 Prozent.
Ölpreis unter 40 Dollar je Barrel
Kudrin erklärte, er sei drauf gefasst, dass die rückläufige Ölnachfrage den Preis für den Rohstoff in diesem Jahr unter das von der Internationalen Energieagentur vorausgesagte Niveau von knapp über 40 Dollar je Barrel drücken werde. Seit dem Rekordhoch von etwa 148 Dollar je Barrel im Juli hat Rohöl kräftig an Wert verloren. Derzeit kostet ein Fass leichtes US-Öl etwa 42 Dollar.
Obwohl Öl damit immer noch teurer sei als vor zehn Jahren, bedeute dies besondere Belastungen für die russische Volkswirtschaft. "Wir können die Grundtendenz nicht verändern, aber wir können unser Bestes geben, um die Wirtschaft zu stützen", sagte er.
Im Dezember hatte Kudrin bereits angekündigt, dass Russland in diesem Jahr mit einem Defizit im Staatshaushalt von umgerechnet 63 Milliarden Euro rechnen müsse. Er hatte aber versichert, dass der Staat die Lohnzahlungen an seine Angestellten garantiere. Auch Einschnitte in der Sozialpolitik seien nicht geplant. Mehr als 40 Prozent des russischen wird aus den Einnahmen der Öl- und Gasexporte gespeist. Da der Gas- an den Ölpreis gekoppelt ist, ist auch bei diesem Rohstoff mit sinkenden Einnahmen zu rechnen.
Die russischen Banken werden nach Kudrins Worten voraussichtlich weitere Staatshilfen erhalten. Der Rubel verliert unterdessen weiter an Wert. Zum Dollar notierte die Währung am Donnerstag auf einem Rekordtief bei 32,23. Ein Zentralbankvertreter bestätigte die fünfte Abwertung in diesem Jahr und die 16. seit Beginn der Serie im November. Seit seinem Rekordhoch im August hat der Rubel etwa ein Fünftel an Wert verloren.
Politische Folgen der Wirtschaftskrise
Die Wirtschaftskrise in Russland hatte Ende des Jahres zu Demonstrationen unzufriedener Bürger geführt. So gingen Mitte Dezember mehrere Hundert Menschen gegen die Erhöhung von Importzöllen auf gebrauchte Autos in Wladiwostok auf die Straße. In der Regierung verschärfte sich der Streit um den richtigen Kurs der Wirtschaftspolitik, in dessen Mittelpunkt der Finanzminister steht, der einen liberalen Kurs verfolgt. Präsident Dimitri Medwedjew hatte zudem vergangene Woche Regierungschef Wladimir Putin dafür kritisiert, dass er zu träge auf die Krise reagiere. Nur 30 Prozent der vor drei Monaten angekündigten Pläne zur Bewältigung der Konjunkturabkühlung seien bislang von der Regierung ausgeführt worden. "Viele Dinge sind unnötig langsam erledigt worden", sagte Medwedjew.