Debatte über Maßnahmen gegen Russland Sanktionen unter Bedingungen lockern?
Der SPD-Außenexperte Mützenich hat sich für eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Er nannte aber Bedingungen dafür. Auch der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr Kujat warnte vor einer wirtschaftlichen Destabilisierung.
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich hat für ein schrittweises Zurückfahren der Sanktionen gegen Russland plädiert, falls in der Ostukraine die Waffen schweigen und weitere Bedingungen erfüllt werden. Die Sanktionen seien kein Selbstzweck, sagte er der "Berliner Zeitung". "Sollten in den kommenden Wochen die Waffenruhe in der Ostukraine, eine nachprüfbare Umsetzung der Minsker Vereinbarung und eine sicherheitspolitisch verlässliche Atmosphäre hergestellt werden können, müssen auch die Sanktionen nach und nach überprüft und zurückgenommen werden."
Das Minsker Abkommen verlangt unter anderem eine Waffenruhe, die Entmilitarisierung einer Zone entlang der Frontlinie vom 19. September, den Abzug ausländischer Kämpfer und die Kontrollhoheit für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Zuvor hatte bereits Außenminister Frank-Walter Steinmeier - anders als Kanzlerin Angela Merkel - die Sanktionen vorsichtig infrage gestellt. Er äußerte die Sorge, dass Russland destabilisiert werde, wenn Europa die Sanktionen nicht lockere.
Auch der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr und NATO-Militärausschussvorsitzende, Harald Kujat, hat vor einer weiteren wirtschaftlichen Destabilisierung Russlands durch Sanktionen des Westens gewarnt. Ein solcher Kurs berge Gefahren bis hin zur bewaffneten Auseinandersetzung, sagte Kujat der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ein Konflikt sei nur lösbar, "wenn der Gegner rational handlungsfähig ist", sagte Kujat. Eine Großmacht wie Russland bestrafen zu wollen, führe daher in die Irre.
Röttgen für Beibehaltung der Sanktionen
Nach Ansicht des CDU-Außenpolitikers Norbert Röttgen gebe es dagegen "keinen Grund, unseren Kurs gegenüber Russland in Frage zu stellen oder gar zu ändern". Die Sanktionen gegen das Land müssten so lange bestehen bleiben, "wie sich an dem Grund ihrer Verhängung nichts geändert hat", betonte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Nur wenn dieser Kurs konsequent beibehalten werde, "werden wir für Putin berechenbar und nur so haben wie eine Chance, auf ihn im Laufe der Zeit einzuwirken".
Wirtschaft warnt vor Folgeschäden
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat vor Gefahren für die deutsche Wirtschaft durch die Rezession in Russland gewarnt. In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier: "Die Krise der russischen Wirtschaft hinterlässt immer tiefere Bremsspuren im Russlandgeschäft deutscher Unternehmen." Diese ist allerdings vor allem durch den niedrigen Ölpreis und die hohe Inflation in dem Land bedingt. Seit Jahresbeginn hat die russische Währung mehr als 50 Prozent an Wert verloren.
Laut einer Umfrage der deutschen Auslandshandelskammer in Russland unter knapp 300 deutschen Unternehmen müsse fast jeder dritte deutsche Betrieb in Russland Mitarbeiter entlassen, sollte sich die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort nicht verbessern. "36 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, Projekte stornieren zu müssen", sagte Treier.