Konzernumbau bei RWE Mit radikalem Umbau aus der Krise
Mit einem radikalen Konzernumbau will der Essener Energieversorger RWE den Weg aus der Krise finden. Die Unternehmensstruktur soll deutlich vereinfacht werden. Mittelfristig sollen weitere Arbeitsplätze wegfallen.
Vier Stunden haben die RWE-Aufsichtsräte auf einer Sondersitzung beraten und dann beschlossen: Die komplizierte Firmenstruktur des Energiemultis wird radikal bearbeitet - und zwar vor allem mit dem Radiergummi. Bislang arbeiten die 36.000 deutschen RWE-Mitarbeiter in einem Firmengeflecht von rund 100 verschiedenen Töchtern - das soll sich ändern: 33 Tochterfirmen und fast 100 interne Aufsichtsratsmandate fallen bis 2017 weg.
RWE galt lange als Beamtenapparat
Es wird gestrafft, gebündelt, fusioniert und gestrichen. "Was heute entschieden wurde, ist ein Meilenstein auf dem Weg unsere RWE fit für die neue Energiewelt zu machen", sagte Firmenchef Peter Terium nach der Sitzung in einem kurzfristig angesetzen Online-Videochat. RWE befinde sich nach wie vor in schwierigem Fahrwasser. Und Terium weiter: "Auf den Markt und die Politik haben wir wenig Einfluss. Wohl aber auf die eigene Wendigkeit und die Geschwindigkeit, mit der wir Entscheidungen umsetzen. Nämlich schneller als bislang."
RWE galt in der Branche lange als der Beamtenapparat unter den Energieversorgern: groß, kompliziert und bürokratisch. Dass der Essener Traditionsversorger die Folgen der Energiewende so derart dramatisch unterschätzt und viel zu lange weiter auf Kohlekraftwerke gesetzt hat, sei auch eine Folge der internen Strukturen mit langen Entscheidungswegen, sagen Firmenkenner.
Stärker durchregieren, schneller entscheiden
Künftig kümmert sich die Zentrale wieder stärker ums Alltagsgeschäft - bislang hatte sie eher wie eine Finanzholding gearbeitet. Doch in der Krise will die oberste RWE-Leitung offenbar stärker durchregieren und schneller entscheiden. Dennoch bleiben alle RWE-Standorte im Land erhalten, betonte Terium. Und auch einen zusätzlichen Personalabbau soll es nicht geben: "Wir haben allerdings, muss man in aller Offenheit sagen, parallel verschiedene Programme unterwegs. Diese Effizienzprogramme werden natürlich selbstverständlich zu weiterem Mitarbeiterabbau führen. Die Entscheidung heute als solche selbst führt nicht direkt zu Mitarbeiterabbau."
12.000 Mitarbeiter mussten schon gehen
Den hat der kriselnde und mit 27 Milliarden Euro hoch verschuldete Energieversorger auch schon hinter sich: Allein in den vergangenen vier Jahren mussten 12.000 Mitarbeiter gehen, weil ihre Stellen gestrichen oder ihre Sparten verkauft wurden. Dass Umbau nicht Abbau bedeutet, war in der Aufsichtsratssitzung vor allem den Vertretern der 130 an RWE beteiligten Städte und Kreisen wichtig, sagt Ernst Gerlach vom Verband der kommunalen RWE-Aktionäre Gerlach: "Wir gehen davon aus, dass die Zusage des Konzerns, dass die Standorte durch eine solche Organisationsreform nicht beeinträchtigt werden, erhalten bleiben."
Mit 24 Prozent sind Kommunen aus NRW, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen aus historischen Gründen an RWE beteiligt. Die für ihre Haushalte so bedeutende RWE-Dividende wurde seit 2010 um 70 Prozent gekürzt. Deshalb war es ihnen wichtig, dass mit den Standorten und Arbeitsplätzen wenigstens die Steuereinnahmen vor Ort erhalten bleiben.
Abspaltung der Großkraftwerke kein Tabu mehr
Wie der Umbau genau ablaufen soll, dass will RWE in den kommenden Monaten austüfteln. Allerdings: Selbst eine Abspaltung des kriselnden Geschäfts mit den Großkraftwerken, so wie es Konkurrent Eon vorgemacht hat, sei kein Tabu mehr. Es sei zwar nicht geplant, aber auch nicht ausgeschlossen, sagt RWE-Chef Terium: "Ja, das bleibt eine Option. Das ist allerdings nicht unser Ziel. Diese Option wird zurzeit nicht von uns verfolgt. Ich glaube auch nicht, dass sie wünschenswert ist."
Wie sehr das die 14.000 Mitarbeiter in der Kraftwerkssparte bei RWE beruhigen wird, dürften die kommenden Wochen zeigen.