Nach erfolgreichem griechischen Schuldenschnitt Euro-Finanzminister geben 35 Milliarden frei
Nach dem Ja der privaten Gläubiger zu einem Schuldenschnitt für Griechenland soll nun schnell das Geld aus dem zweiten Hilfspaket fließen. Die Euro-Finanzminister gaben grünes Licht für die Überweisung von 35,5 Milliarden Euro. Athen kündigte indes an, Gläubiger, die sich nicht freiwillig beteiligen, gesetzlich zu zwingen.
Die Euro-Finanzminister haben das zweite Hilfspaket für das pleitebedrohte Griechenland zum Teil freigegeben. Bei einer Telefonkonferenz einigten sie sich darauf, dass 30 Milliarden Euro zur Unterstützung des Schuldenschnitts plus 5,5 Milliarden Euro für die Begleichung aufgelaufener Zinsen nun bereit stehen. Das teilte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker nach einer Telefonkonferenz der Minister mit. Juncker sagte, die Eurogruppe sei über die hohe Beteiligung bei dem als freiwillig bezeichneten Schuldenschnitt in Griechenland "ermutigt".
Die Ressortchefs hatten bereits vor kurzem festgestellt, dass Griechenland alle notwendigen Auflagen für das neue Rettungspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro erfüllt. Für ein grünes Licht musste jedoch der Schuldenschnitt abgewartet werden, der nach Einschätzung der EU-Kommission erfolgreich verlief. Eine endgültige Entscheidung über das gesamte zweite Hilfspaket dürfte nun am Montag oder Dienstag beim regulären Treffen der europäischen Finanzminister fallen.
Gläubiger sollen zum Forderungsverzicht gezwungen werden
Juncker erklärte, die Euro-Finanzminister seien von ihrem griechischen Amtskollegen Evangelos Venizelos informiert worden, dass Athen die verpflichtenden Umschuldungsklauseln (CAC) ziehen werde, um verbliebene Privatgläubiger zur Umschuldung zu zwingen. Der weitaus größte Teil der privaten Gläubiger hatte zuvor einem Forderungsverzicht zugestimmt. Von den 177 Milliarden Euro an Anleihen, die unter griechischem Recht stehen, seien 152 Milliarden Euro zum Umtausch eingereicht worden. Das entspricht einer Beteiligungsquote von 85,8 Prozent.
Bei den übrigen Anleihen im Volumen von knapp 30 Milliarden Euro wurde eine Quote von 69 Prozent erreicht. Juncker zeigte sich zuversichtlich, dass sich noch mehr Gläubiger als bisher an dem Angebot für diese Anleihen beteiligen werden. Die Frist für diese Papiere war bis zum 23. März verlängert worden.
Venizelos hatte bereits angekündigt an, dass Griechenland nun alle Gläubiger mit Anleihen nach griechischem Recht zum Umtausch zwingen will. Dazu war vor wenigen Wochen ein Gesetz verabschiedet worden. Zusammen mit den anderen Anleihen würde die Quote dann insgesamt bei 95,7 Prozent liegen. Das würde 197 der insgesamt 206 Milliarden Euro Anleihevolumen in der Hand privater Gläubiger entsprechen.
Venizelos dankt Gläubigern
Venizelos sprach im Parlament von einem "beeindruckenden und unerwarteten Erfolg". Die Beteiligung der Gläubiger habe alle Erwartungen und historischen Vorbilder übertroffen. Venizelos dankte allen Gläubigern, die Griechenlands "ehrgeiziges Reformprogramm" unterstützt und "die Opfer des griechischen Volkes bei diesem historischem Unterfangen" geteilt hätten. Nun müsse das Land seine Chance nutzen und dürfe nicht wieder zurück in alte Verhaltensmuster fallen. Regierungssprecher Pantelis Kapsis sprach von einem "historischen Moment für unser Land".
IWF stellt 28 Milliarden Euro in Aussicht
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, stellt Griechenland einen Kredit über 28 Milliarden Euro in Aussicht. Das IWF-Direktorium soll nächste Woche darüber beraten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte, die erfolgreiche Umschuldung in Athen stabilisiere die gesamte Eurozone. Der Schuldenschnitt sei kein Sündenfall. Es bestehe nicht "der Hauch einer Gefahr", dass es zu weiteren Umschuldungen in anderen Euro-Ländern kommen werde.
Politik und Märkte reagierten erleichtert auf die hohe Zustimmung der privaten Gläubiger. Zustimmung kam auch von Bankenvertretern. "Ich glaube nicht, dass die Sache noch scheitern kann", sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken. Athen habe jetzt die Chance, seine Reformen umzusetzen und wieder auf die Beine zu kommen, sagte Josef Ackermann, der als Vorsitzender des Internationalen Bankenverbandes (IIF) mit Venizelos verhandelt hatte.
Griechenland bleibt hoch verschuldet
Nach Monaten der Zitterpartie ist mit einer ausreichend hohen Annahmequote nun der Weg frei für die größte Umschuldung eines Staates, die es je gegeben hat. Ziel war es, durch den Forderungsverzicht der Banken, Versicherer und Fonds die Verbindlichkeiten um insgesamt 107 Milliarden Euro zu verringern, damit sich das Euro-Land aus dem Würgegriff der eigenen Schulden befreien kann. Trotz des Schuldenschnitts bleibt Griechenland hoch verschuldet. Ende 2011 beliefen sich die Schulden des Landes auf rund 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - der Schnitt soll dazu führen, dass diese Quote bis 2020 auf 120,5 Prozent sinkt. Das entsprechende Maastricht-Kriterium liegt bei 60 Prozent.