Rettungsfonds SoFFin verweigert Auskünfte Banken-Rettung ohne Transparenz
480 Milliarden Euro stehen dem Rettungsfonds SoFFin zur Verfügung, um Banken zu unterstützen, die durch die Wirtschaftskrise in Finanznot geraten sind. Doch wohin die Gelder fließen, darüber schweigt der SoFFin sich aus. Presserechtlich ist das bedenklich.
Von Ingo Nathusius, HR Frankfurt
Über die Lehren aus der Finanzkrise sind sich Politik, Aufsichtsbehörden und Interessengruppen einig: Banken müssen mehr Eigenkapital bereithalten, die Vorstände müssen mehr persönliche Verantwortung tragen und insgesamt ist mehr Transparenz nötig. Doch die Retter der deutschen Banken arbeiten selbst weithin intransparent. Journalisten beißen auf Granit, wenn sie wissen wollen, was konkret mit den 480 Milliarden an Steuergeldern getan wird, über die der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) gebietet. Welche Banken von der Behörde Staatsgeld oder Bürgschaften bekommen haben, bleibt unklar.
Er müsse die Geschäftsgeheimnisse der bedachten Banken schützen, so die Begründung des SoFFin. Sobald bekannt werde, dass ein bestimmtes Unternehmen eine Stabilisierungsmaßnahme beantragt habe, würden Geschäftspartner sich darauf einstellen und ihr Handeln danach ausrichten. Bisher seien 157 Milliarden Euro für die Stabilisierung von 24 Banken vorgesehen, heißt es in einer sechszeiligen Mitteilung vom 9. Oktober. Mehr Informationen gibt es nicht.
"Schutz von Informationen gilt nur im Einzelfall"
Unklar bleibt dabei, warum der staatliche SoFFin verhindern will, dass transparent wird, wie es um die Banken steht. Presserechtlich ist diese Haltung des SoFFin jedenfalls problematisch. "Das kann man so pauschal nicht machen", sagt der Hamburger Presserechtler Roger Mann aus der Kanzlei Damm & Mann.
Zwar könne es im Einzelfall auch schutzwürdige Interessen geben - etwa, wenn eine kleine Privatbank mit der Hilfe des SoFFin über die Runden komme, aber gefährdet wäre, wenn die Staatshilfe bekannt würde. Anders sehe es aber aus, wenn große Banken Geld vom Staat bekämen. Dann bekomme der Informationsanspruch der Öffentlichkeit viel mehr Gewicht. Allemal bei börsennotierten Banken oder öffentlichen Instituten wie Landesbanken sei nicht ohne weiteres ersichtlich, warum die staatliche Hilfe geheimgehalten werden müsse. "Immer muss im Einzelfall abgewogen und entschieden werden", so Mann.
Eine Reihe von SoFFin-Kunden legt dabei gar keinen Wert darauf, dass die Behörde die Hilfe geheim hält. Die angeblichen "Geschäftsgeheimnisse" der Banken wurden vielfach von den Banken selbst gelüftet. So erklärte die angeschlagene Mittelstandsbank IKB schon vor Jahresfrist, Staatsgarantien des SoFFin in Höhe von zwölf Milliarden erhalten zu haben. Auch die VW-Bank und der Immobilienfinanzierer Aareal Bank bekannten sich dazu, durch den Bankenrettungsfonds unterstützt zu werden. Die mittlerweile staatliche Hypo Real Estate AG ging vor sechs Wochen sogar komplett ins Eigentum des SoFFin über und wird mit Unterstützungen in Milliardenhöhe finanziert. Und auch die Commerzbank ist dank der Hilfszahlungen des SoFFin mittlerweile zu einem Viertel in Staatseigentum.
SoFFin-Unterstützung als Geschäftsvorteil
Auch die HSH Nordbank in Hamburg erhielt aus dem Bankenrettungsfonds Liquiditätsgarantien von zehn Milliarden und eine Garantie für eine Anleihe über drei Milliarden. Dass sich Geschäftspartner darauf einstellen können, wenn bekannt ist, dass man SoFFin-Kunde sei, empfindet die Landesbank dabei nicht als Drohung, sondern als Chance. Denn wenn der SoFFin nicht dauerhaft bei der HSH eingestiegen wäre, wäre das Unternehmen am Ende gewesen, heißt es im Bericht über das erste Quartal der Hamburger Bank.
Der SoFFin selbst berichtet nur über die Zahlungen an die Hypo Real Estate, die Commerzbank, die West LB und die HSH Nordbank - wobei die Mitteilungen oft weniger verraten als das, was bereits in der Zeitung steht. In anderen Ländern gehen Bankenretter da völlig anders vor. Sie kommunizieren transparent, was sie mit dem ihnen anvertrauten Steuergeldern tun und begreifen sich nicht als Teil einer verschwiegenen "Banking Community", die der Öffentlichkeit möglichst wenig preisgibt. In England ist die "UK Financial Investments (UKFI)" zuständig, die detaillierte Geschäftsberichte vorlegt, um "dem Parlament, der Öffentlichkeit und anderen Interessenten einen klaren Überblick zu verschaffen, wie UKFI seine Pflicht tut", sagt der Chef der Behörde, Glen Moreno, und nennt Zahlen, Firmen und Fakten.
Vorsitzender des Leistungsausschusses warf hin
In Deutschland ist der SoFFin hingegen als Zwitterbehörde konstruiert, die möglichst wenig auffallen soll - eine unselbstständige Anstalt öffentlichen Rechts, die qua Gesetz zwischen Bundesbank und Bundesfinanzminister eingeklemmt wurde. Berater, die im Sommer vergangenen Jahres für die Bundesregierung SoFFin-Konzepte schmiedeten, haben sich ob der eigenwilligen Behördenkonstruktion verwundert abgewandt. Der Vorsitzende des Leitungsausschusses, der erfahrene Frankfurter Bankvorstand Günther Merl, warf nach wenigen Monaten offenbar entnervt das Handtuch. Laut Presseberichten sah er sich zu sehr vom Bundesfinanzministerium gegängelt. Selbstständige Arbeit wurde demnach nicht gern gesehen und Kommunikation wurde weitgehend unterbunden.
Trat von seinem Posten zurück: Günther Merl, Vorsitzender des Leitungsausschusses des SoFFin.
Mittlerweile führt ein neuer Leitungsausschuss die Geschäfte des SoFFin. Mit dabei ist Gerhard Stratthaus, früherer Finanzminister in Baden-Württemberg. Stratthaus war es, der konkrete Auskünfte zur Arbeit des SoFFin unter Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse verweigerte. Ein Mann, der Erfahrung mit Banken hat. Als Stratthaus noch Bürgermeister im nordbadischen Schwetzigen war, saß er laut einem Bericht der Zeitschrift "Stern" im Kreditausschuss der örtlichen Kreissparkasse. Dank millionenschwerer fauler Kredite war diese am Ende und musste bei der Sparkasse Heidelberg unterkriechen.