Europäische Schuldenkrise Spaniens mühsamer Weg aus der Krise
Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt - und die EU-Hilfe für die Banken haben die Spanier nicht einmal zur Hälfte ausschöpfen müssen. Aus dem Gröbsten, so scheint es, sind die Iberer raus. Aber gut geht es ihnen noch lange nicht.
Spanien ist erst mal aus der Schusslinie. Das europäische Rettungsprogramm - geschnürt speziell für die Banken - läuft aus, und niemand spricht mehr davon, dass das Land weitere Hilfe brauche. Schließlich hat die Regierung die Kreditlinie in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro nicht mal zur Hälfte ausgeschöpft.
Außerdem ist Spaniens Wirtschaft endlich aus der Rezession, und seit mehreren Monaten sinkt die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen. Für Wirtschaftsminister Luis de Guindos ist klar: Spanien ist auf dem Weg aus der Krise - und Professor Rafael Pampillon von der renommierten IE Business School in Madrid stimmt ihm zu: "Ja, wir haben Wirtschaftswachstum, der Konsum hat wieder angezogen, wir schaffen Arbeitsplätze und wir haben Preisstabilität."
Stabilisierung auf niedrigem Niveau
Allerdings geht es um eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Die Arbeitslosenquote liegt noch immer bei über 25 Prozent, und das für 2014 prognostizierte Wachstum von 0,7 Prozent wird nicht die Mengen von Jobs bringen, die nötig wären, um die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken.
Die Quote werde noch lange hoch bleiben, sagt Professor Pampillon. Deutlich sinken könne sie nur dadurch, dass Leute aus der Statistik verschwinden. Zum Beispiel, wenn ungelernte Zuwanderer wieder in ihre Heimat gehen oder Arbeitslose sich einfach nicht mehr beim Amt anmelden.
Man müsse den Tatsachen ins Gesicht sehen, meint Pampillon: Nach dem Zusammenbruch der Immobilienblase sei die spanische Wirtschaft dabei, sich umzuorientieren. Es würden mehr hochwertige Güter und Dienstleistungen exportiert. Wer nur einfache körperliche Tätigkeiten beherrsche, habe kaum mehr eine Chance. Bis der Arbeitsmarkt den Strukturwandel verkraftet haben werde, werde es dauern.
Abhängig vom Rest Europas
Dabei gehört Professor Pampillons sogar noch zu den eher regierungsnahen Experten - Jose Carlos Diez, Wirtschaftsprofessor an einer anderen privaten Hochschule in Madrid, bewertet die Lage im Vergleich noch skeptischer: "Wir müssen darauf setzen, dass es in Europa wirklich Wachstum gibt", sagt Diez. "Der private Konsum in Frankreich und Deutschland stagniert, so ist Wachstum schwer zu erzielen."
Bei Exporten aus der Eurozone heraus leide Spanien außerdem unter der Stärke des Euros. "Wir sind aus der Rezession, haben aber vollen Gegenwind: geringes Wachstum, kaum neue Arbeitsplätze, geringer Konsum."
Der Regierung wirft Diez vor allem zwei Versäumnisse vor: Es sei ein Fehler gewesen, den Hilfskredit nicht komplett auszuschöpfen. Im Bankensektor gebe es noch immer Risiken - immer noch nehme die Zahl der ausfallgefährdeten Privatkredite zu. Um entsprechende Verluste zu absorbieren, bräuchten die spanischen Geldhäuser eigentlich noch mehr Kapital - und auch, um die nötigen Investitionskredite an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben.
Die Angst vor einem Rückfall in die Krise
Vor allem aber habe sich Ministerpräsident Rajoy nicht vehement genug gegen das deutsche Spardiktat gestellt, kritisiert Diez. Die EU insgesamt müsse der Wirtschaft stärkere Impulse geben, sonst drohe schon bald die Rückkehr der Eurokrise. Spanien müsse seine Interessen nachdrücklicher vertreten:
"Es ist schon sehr traurig, wenn man seinen Ministerpräsidenten in einem Interview sagen hört, Deutschland habe einen Plan. Wenn die EU eine Gemeinschaft von Freunden ist, dann berät man sich erst mal gemeinsam. Wenn wir es hier mit Gegnern zu tun haben, die sich gegenseitig Informationen vorenthalten und belauern, dann halte ich es mit Groucho Marx: Haltet die Welt an, ich will aussteigen."