Steuerschätzung für Bund, Länder und Gemeinden 30 Milliarden Euro mehr als erwartet
Die Aussichten waren schon gut - jetzt haben die Steuerschätzer sie noch verbessert: Laut ihren Berechnungen können Bund, Länder und Kommunen bis 2016 mit Steuereinnahmen rechnen, die fast 30 Milliarden Euro über den Erwartungen liegen. Finanzminister Schäuble wertet das als Regierungserfolg.
Die hohe Beschäftigung spült Bund, Ländern und Gemeinden in den kommenden Jahren voraussichtlich deutlich mehr Geld in die Kassen als bisher erwartet. Der Arbeitskreis Steuerschätzung sagte dem Gesamtstaat von 2012 bis 2016 um 29,4 Milliarden Euro höhere Einkünfte voraus als in seiner vorherigen Prognose im November. Davon entfallen 12,3 Milliarden Euro auf den Bund und 9,5 Milliarden Euro auf die Bundesländer.
Für das laufende Jahr gehen die Experten davon aus, dass der Gesamtstaat 4,6 Milliarden Euro mehr Steuern einnimmt als bislang erwartet. Für 2013 rechnen sie mit 5,0 Milliarden Euro mehr. Für 2014 erwarten sie ein Plus von 6,4 Milliarden Euro, für 2015 einen Zuwachs um 6,2 Milliarden Euro und für 2016 weitere 7,2 Milliarden Euro mehr. Hauptursache der Mehreinnahmen sind laut Finanzministerium die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sowie bei den Löhnen und Gehältern.
Die Steuerschätzung ist die Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Haushalte. Dem Schätzerkreis gehören rund 30 Vertreter aus den Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, von Forschungsinstituten, der Kommunen, des Sachverständigenrates und des Statistisches Bundesamtes an. Das Gremium tagte drei Tage in Frankfurt (Oder).
Regierung sieht sich bestätigt - Opposition kritisiert
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, die Zahlen belegten den richtigen finanzpolitischen Kurs der Regierung, der ein Mix aus Konsolidierung und Wachstumsimpulsen sei. Die erfreuliche Entwicklung der öffentlichen Einnahmen unterstütze den schnellen Abbau der strukturellen Neuverschuldung des Bundes. Auf neue strukturelle Mehrausgaben müsse aber verzichtet werden, sagte er.
Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler wertete die Zahlen als Erfolg für die Bundesregierung. Im Jahr 2014 könne es einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden geben.
"Die Regierung rechnet sich reich", erklärte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Er wies darauf hin, dass die Steuerexperten an Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung gebunden seien, die jedoch viel zu optimistisch seien. "Die Mehreinnahmen erscheinen höher, als sie eigentlich sind", erklärte auch Grünen-Haushaltsexpertin Priska Hinz. Sie warf der Koalition vor, es fehle ihr der Mut zu strukturellen Reformen.
Rösler und Schäuble werben für Steuerreform
Rösler und Schäuble bekräftigten das Vorhaben der Koalition, durch einen niedrigeren Einkommensteuertarif die kalte Progression abzumildern, bei der Einkommenszuwächse durch höhere Steuern teilweise aufgezehrt werden. Die Koalition will die Bürger 2013 um zwei Milliarden Euro und dann ab 2014 um insgesamt sechs Milliarden Euro entlasten. Neben der Anhebung des Grundfreibetrages von 8004 auf 8354 Euro soll der Steuertarif so abgeändert werden, dass die kalte Progression abgemildert wird. Der Effekt tritt auf, wenn alleine die Inflation ausgleichende Lohnzuwächse die Steuerlast erhöhen.
Morgen entscheidet der Bundesrat über die Steuerpläne. Es wird erwartet, dass in der Länderkammer keine Mehrheit für die Gesetzespläne erreicht wird. Sollte der Bundesrat auch kein Vermittlungsverfahren beschließen, könnte dieses von Bundestag oder Regierung beantragt werden, um doch noch eine Einigung zu erreichen.