BDI bemängelt Krisenmanagement der Regierung Wahlkampf statt echter Reformen?
Der BDI hat der Politik vorgeworfen, sich bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise vom Wahlkampf lenken zu lassen. Das sei "kurzfristig, interessengetrieben und riskant", sagte BDI-Chef Keitel auf dem Tag der Deutschen Wirtschaft. Kanzlerin Merkel verteidigte sich bei der Veranstaltung.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist mit der politischen Reaktion auf die Wirtschaftskrise ins Gericht gegangen. Vor allem kritisierte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel zum Auftakt des Tages der Deutschen Wirtschaft die Rettungsbemühungen für den angeschlagenen Autohersteller Opel. Ein Mittelständler habe kein Verständnis dafür, dass ein Opel- Arbeitsplatz mit 200.000 Euro gerettet werde, während er selbst keinen Kredit in dieser Größenordnung bekomme.
Keitel mahnte die Politik, bei ihren Eingriffen nicht nur auf kurzfristige Stellungsgewinne im Wahlkampf zu schauen. "Es ist bei allem Verständnis für den Zorn über Exzesse und Egoismen die Sorge, dass die Politik beginnt, die Finanzkrise und das Fehlverhalten Einzelner auf die Wirtschaft als Ganzes zu projizieren und daraus die falschen Schlüsse zu ziehen", sagte er. Im Fall Opel zeige die Politik Verhaltensmuster, die sie den Unternehmen vorwerfe: "Sie verhält sich kurzfristig, interessengetrieben und riskant." Es hätte hier ordnungspolitisch andere Wege geben müssen. "Der Staat kann nicht jedes Unternehmen retten. Er würde sich dramatisch überheben", so Keitel.
Merkel verwahrt sich gegen Wahlkampfvorwurf
Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte in einer Rede auf dem Tag der Deutschen Wirtschaft das Vorgehen der Regierung. "Ich hätte jede Entscheidung bei Opel und Arcandor nicht anders getroffen, wenn auch kein Wahlkampf gewesen wäre", sagte sie. Ohne das Rettungskonzept für Opel hätte der Autobauer keine Möglichkeit erhalten, sich zu entwickeln und am Markt zu bewähren. Bei Arcandor wiederum bedeute die Insolvenz nicht, dass das Unternehmen vom Markt verschwinde. Es sei ein gemeinsames Anliegen, dass die Restrukturierung des Unternehmens gelinge.
BDI: Sozialsysteme reformieren und Steuern senken
Der BDI-Präsident mahnte statt kurzweiliger und kostspieliger Eingriffe des Staates bei einzelnen Unternehmen "wirkliche Reformen der Sozialsysteme" sowie Steuerentlastungen an. Jede neue Regierung werde nach den Bundestagswahlen und dem obligatorischen Kassensturz in einen Abgrund blicken. Sie werde mit einer noch nie dagewesenen Neuverschuldung in die neue Legislaturperiode starten. Nur mit einem deutlich höheren Wachstum als in den vergangenen 10 bis 15 Jahren könnten diese Lasten geschultert werden. Deshalb blieben Steuerentlastungen auf der Tagesordnung.
Steinmeier wirbt für "Solidaritätsbeitrag"
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier erteilte bei der BDI-Tagung Steuersenkungen auf Pump eine klare Absage. Es gebe in den kommenden vier Jahren angesichts der Einnahmeausfälle für die Staatskassen keinen Spielraum. Der Außenminister warb vielmehr für einen "Solidaritätsbeitrag", um Investitionen in Bildung anzuheben. Er verteidigte in diesem Zusammenhang die von der SPD geplante Anhebung des Spitzensteuersatzes. Es gebe dafür auch Zuspruch von Top-Verdienern, wenn die zusätzlichen Einnahmen auch tatsächlich in mehr Bildungsausgaben fließen.
Staatliche Hilfen für Kreditversicherer?
BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf forderte erneut staatliche Hilfen für die Kreditversicherer. Viele Kreditversicherer hielten sich in der Rezession zurück, weshalb ein Ausfall der Warenströme drohe. Der Staat solle daher teilweise die Rolle der privaten Kreditversicherer übernehmen. Schnappauf sagte, es wachse die "Gefahr, dass an sich gesunde Unternehmen in eine Liquiditätsklemme geraten und damit ganze Teile der Lieferketten wegbrechen". Der Hauptgeschäftsführer schlug vor, die Kreditversicherer beispielsweise mit unter den Rettungsschirm für Banken aufzunehmen.